Mahou Shoujou

"Na ja, bis auf die Sache mit diesem komischen Mädel ist nichts weiter passiert." Er beäugte seinen Bruder kritisch und urteile still über sein Verhalten. Er wunderte sich immer noch, wie Jiro es geschafft hatte, auf eine Schule für Hochintelligente zu kommen... Wäre er nicht das einzige an Familie was Ichijo noch hatte, würde er sich wahrscheinlich für ihn schämen.
"Ich warte jetzt erstmal auf weitere Befehle von Alice. Wobei sie in letzter Zeit still war. Hat sie zu dir was gesagt?"

"Nö", meinte er und drückte seine Zigarette aus. "Zumindest nicht dass ich wüsste. Hab versucht die Brillenschlange noch ein wenig zu beobachten, is' nur schwer, wenn man nicht mehr in die Schule rein kommt. Das war alles." Er zuckte mit der Schulter
"Vielleicht hat Alice ja keine Lust mehr auf uns und jemand anderes beauftragt? Hieß es nicht, da ist noch irgendwo jemand unterwegs, der 'nen ähnlichen Job machen soll?"

"Stimmt, anscheinend 'n Mädel..." Ichijo streckte sich. "Alice meinte, dass sie uns eh mal alle an 'nen Tisch bringen will, sobald sie wieder genug Kraft hat. Keine Ahnung."
Er sah Richtung Himmel.
"Und sonst? Sind die Leute eingiermaßen okay zu dir? Du weißt schon, da wo du wohnst und so."

"Yo, die bemühen sich halt. Keine Ahnung", er zuckte erneut mit der Schulter. "Kümmern sich drum dass ich was zu essen hab und glauben, dass ich tagsüber arbeiten gehe. Aber ansonsten sind die halt in Ordnung."
Kurz überlegte er, sich eine neue Zigarette anzuzünden, erinnerte sich dann aber daran, dass Ichijo kein Freund davon war und entschied sich dann dagegen. "Und bei dir so? Meintest doch dass du auf dieser Oberschule bist."

Ichijo zuckte mit den Schultern.
"Keine Ahnung, sind halt alles ziemliche Spießer." Er seufzte. "Würde dich nur mehr abfucken als mich, glaub mir."
Schließlich unterhielten sich die beiden noch über die Vergangenheit, und was sie wohl machen könnten, wenn Alice ihr Versprechen einhielt. Als es spät wurde verabschiedeten sich die Brüder, wobei Ichijo nochmal Druck machte, das Jiro ja vorsichtig sein sollte.

Nach dem Besuch von Megumi und Riko hatte Kimiko wieder versucht, sich irgendwelchen Dingen zu widmen, um auf andere Gedanken zu kommen. Zunächst hatte sie sich um ihre Blumen kümmern wollen, dann versucht ein wenig Yoga zu machen... Als sie anschließend immer noch so durch den Wind war, dass sie kurz überlegt hatte, nicht doch wieder zu lernen, griff sie dann doch ihr Handy und schrieb eine kurze Nachricht an Kyo, mit der Frage, ob sie kurz vorbei kommen konnte.
Seit ihr Streit mit Sayoko begonnen hatte, war sie ziemlich oft zu ihm gegangen um sich mit ihm zu unterhalten. Mittlerweile war er wie ein guter Freund für sie geworden, zwar kein direkter Ersatz für ihre anderen Freundinnen, aber zumindest eine Person, bei der sie gut abschalten konnte. Sie mochte ihn und war gern bei ihm, wenn sie Ruhe benötigte.
Nachdem sie also eine Antwort erhalten hatte, verließ sie - mit einer kurzen Nachricht an ihr Dienstmädchen - das Haus und ging direkt in Richtung seiner Wohnung. Allein der Spaziergang fühlte sich gut an und die frische Luft klärte ihre Gedanken, sodass sie sich wieder weitestgehend im Griff hatte, als sie an seiner Tür klingelte.

Kyo störte sich nicht daran, dass Kimiko in letzter Zeit sein häufigster Kontakt war, im Gegenteil - jetzt wo Riko und Takashi es endlich mal auf die Reihe bekommen haben, hatte Takashi entsprechend Zeit mit ihr verbracht, und weniger mit ihm. Auch wenn Takashi nicht verraten wollte, wie genau es dazu kam - was für Kyo sowieso unwichtig war, denn er wusste, wenn er Riko fragen würde würde sie es ihm eh verraten.
Schließlich öffnete er die Tür, und seine Verlobte stand vor ihm. Er sah ihr an, dass sie bedrückt gewesen war, doch er sprach sie nicht darauf an.
"Komm rein." sagte er schließlich freundlich lächelnd, und stellte prompt Getränke parat, ehe er sich zu ihr auf die Couch setzte. "Wird schon fast zur Gewohnheit dich hier zu sehen." Er lachte leise.

Kimiko griff dankbar nach einem Getränk und gönnte sich einen großen Schluck. "Solange es dich nicht stört", sie lächelte. "Bei dir kann ich am besten entspannen. Zu Hause erwarten mich nur Bücher und Stress. Erst kürzlich ist eine meiner Pflanzen sogar eingegangen, weil ich einfach keine Zeit mehr habe, mich ordentlich darum zu kümmern." Sie seufzte und ließ dann ihren Blick durch die Wohnung schweifen, die sie gerne auch als Atelier bezeichnete. "Ist was neues dazu gekommen?", fragte sie mit Blick auf die Gemälde.

"Noch nicht, aber bald." Er nahm selbst einen Schluck. "Bin aktuell nicht wirklich dazu gekommen zu malen, auch wenn das nächste Bild fast fertig ist. Das Studium nimmt mich momentan komplett ein." Er lachte. "Aber dir muss ich das nicht sagen, dir geht's ja schließlich genauso."
Er war dankbar über Kimikos Besuche gewesen - sie gaben seinem aktuell tristen Alltag etwas Würze, und wenn es etwas gab was Kyo mehr schätzte als alles andere, dann waren es gute Gespräche. Sie waren eine willkommende Abwechslung von all dem trockenen Kram mit dem er sich momentan in der Uni rumschlagen musste. Und mit Kimiko hatte Kyo überraschend gute Gespräche führen können - etwas was er anfangs nicht von ihr gedacht hätte.

"Schade, ich hatte mich schon sehr darauf gefreut es fertig zu sehen." Sie verschränkte die Arme am Hinterkopf. "Aber was will man machen, es gibt halt Dinge, die vorgehen. Und dann ist ja auch noch die nahende Prüfungszeit." Ein schwerer Seufzer kam über ihre Lippen. Eigentlich hatte sie nicht vor, nur darüber zu sprechen, aber alles war besser um nicht an die Situation mit ihren Freundinnen zu denken.

"Schon verrückt, oder?" Wehmut lag in seiner Stimme. "Wir arbeiten so hart für einen Traum, der nicht Mal unser eigener ist." Ein müdes Lächeln fuhr über seine Lippen. "Und das wir beide hier sitzen und darüber unser Leid klagen hat auch noch was unglaublich ironisches dabei."

"Da sagst du was", sie lachte bitter. "So muss es wohl sein, wenn man alt wird." Ihr Versuch sarkastisch zu klingen scheiterte ein wenig, dadurch dass sie ihre Worte als zu wahr empfand. "Eigentlich sollte ich ja Ferien haben und sitze trotzdem die ganze Zeit zu Hause rum. Das ist auch ermüdend."

Kyo lehnte sich zurück. "Ich glaub's dir... Aktuell nervt mich das ganze so sehr das ich tatsächlich überlegt habe das Studium zu schmeißen und mich einfach als bettelarmer Künstler irgendwie durchzuschlagen." Erneut fuhr ein leises Lachen aus seiner Kehle. "Blöd nur das mein Pflichtgefühl mir da wieder einmal im Weg steht."

"Wollen wir nicht zusammen einfach sagen, Hey Leute, wir haben kein Bock auf eure Regeln und wollen unser eigenes Leben?", sagte Kimiko scherzhaft und nahm noch einen Schluck. "Ich kenne mich mit Kunst jetzt nicht so gut aus, aber ich denke du hättest schon eine Chance. Und ich könnte irgendwas mit Pflanzen machen, statt mich krampfhaft auf den Familien-Betrieb zu versteifen."

"Die Vorstellung hat schon fast was romantisches." Antwortete er, mit seinem sanften Lächeln auf den Lippen.
Schließlich schwiegen sie, für eine kurze Weile, jeder mit seinen eigenen Gedanken und Vorstellungen im Kopf.
"Sagtest du nicht Mal deine Schwester hat sich erfolgreich von der Familie lossagen können? Vielleicht sollten wir beide sie zum Vorbild nehmen." Er starrte in sein Glas, welches er jedoch im selben Moment auf den Tisch stellte.
"Aber genug Selbstmitleid. Wieso machen wir nicht Mal zur Abwechslung was unterhaltsames? Ich wette, ein Tapetenwechsel würde uns beide gut tun."

"Ja und dafür wurde sie enterbt", gab Kimiko ihm zu Bedenken und leerte ihr Glas. Dann streckte sie sich.
"Aber keine schlechte Idee. Ich hab langsam genug davon ständig irgendwo drin zu sitzen, umgeben von Büchern." Kurz erinnerte sie sich wieder daran, was mit ihren Freundinnen war und schüttelte kaum merkbar den Kopf. "Worauf hättest du den Lust? Ein wenig raus in die Natur?"

"Klingt nach 'nem guten Plan."
Er hatte gemerkt, das Kimiko immernoch bedrückt war - wahrscheinlich wegen Sayoko. Und wenn sie darüber reden wollte, würde er mit ihr reden, und wenn nicht, würde er sie zumindest versuchen abzulenken.
Wenngleich er den Gedanken immer noch ironisch fand, mit ihr mittlerweile eng befreundet zu sein, wo doch ihr ganzes Aufeinandertreffen irgendwie von ihren Eltern vorbestimmt waren.
Die beiden verbrachten schließlich den restlichen Nachmittag zusammen, waren in einem naheliegenden Wald spazieren, redeten über dieses und jenes, ehe sich ihre Wege wieder trennten.

---------------------------------------------------------------------------

Nachdem sie schlagartig das Café verlassen hatte, hatte sie Blumen gekauft und das Grab ihrer Mutter besucht. Sie wusste noch zu gut, wie sie kurz nach ihrem Tod Probleme hatte, überhaupt einen Fuß auf den Friedhof zu setzen - mittlerweile war sie regelmäßig dort und redete mit einer Person, welche ihr niemals mehr antworten würde. Sie hatte ihr erzählt, dass ihr Vater wieder mit ihr reden wollte, und wie unsicher sie sich damit war. Sie hatte ihr auch von dem Streit mit Kimiko erzählt, und die ganzen, hässlichen Gedanken welche in letzter Zeit wieder ihren Kopf heimgesucht hatten, und wie scheußlich sie sich aktuell selbst fand.
Sayoko hatte das Gefühl, dass war mittlerweile für sie die einzige Möglichkeit, all den Gedanken Herr zu werden - oder die Musik. Sie machte den anderen schon genug Probleme. Immerhin war sie auch diejenige, die überhaupt Schuld an der ganzen Wunderland-Sache hatte, und jetzt, wo alle wieder fröhlicher schienen... Sie gab ihr Bestes das es für sie auch so werden sollte, doch wieso war das nur so schwer? Und wieso kamen immer dann neue Dinge, wenn sie gerade das Gefühl hatte, es würde besser werden?
Sie hatte auch Blumen auf das Grab von Yuudai's Mutter gelegt, von der sie sich ebenso sehr wünschte, sie wäre am Leben. Auch wenn es nie direkt im Abschiedbrief ihrer Mutter stand, so wusste Sayoko, dass der plötzliche Tod sie sehr mitgenommen hatte. Das das quasi der Anfang vom Ende war.

Es war schließlich Abend gewesen, als sie bei Akito Zuhause eintraf. Sie hatten noch zusammen zu Abend gegessen, auch wenn Sayoko absolut nicht danach war. Aber sonst würden sich alle wieder Sorgen um sie machen, und das wollte sie vermeiden. Es war schon schlimm genug das sie Riko und Megumi vom Streit erzählen musste - wenigstens hatten sie akzeptiert das sie nicht drüber reden wollte. Noch mehr Fragen wollte sie nicht, es würde eh nichts ändern.
Sie hatte sich ziemlich zügig in ihr Zimmer zurückgezogen, obwohl Akito gefragt hatte, ob sie einen Film oder ähnliches schauen wollten - doch danach war ihr absolut nicht.
Lieber hatte sie die Kopfhörer aufgesetzt, so laut, das ihr beinahe das Trommelfell platzte, und sie versuchte, all ihre Bitterkeit in die Musik zu stecken.

Es dämmerte bereits, als Yuudai nach langem hin und her überlegen zum Friedhof ging. Wie lange war er nicht mehr hier gewesen? Seit der Beerdigung seiner Mutter? Er wusste es nicht mehr. Er wusste nicht einmal, ob er überhaupt seit ihrem Tod dort war... Nicht einmal die Beerdigung von Sayokos Mutter hatte er besucht, obwohl er an ihrer Seite hätte sein sollen. Es war ungefähr die Zeit gewesen, zu der sein Vater mit seiner neuen angefangen hatte, die Zeit, zu der er sich langsam von seinen alten Freunden begonnen hatte zu lösen.
Heute wusste er selbst nicht mehr, was er davon halten sollte, aber irgendetwas in ihm hatte ihm gesagt, er sollte zumindest einmal wieder vorbeischauen. Als er am Grab ankam stutzte er jedoch. Irgendjemand war vor ihm hier gewesen und hatte frische Blumen da gelassen. Vielleicht Sayoko oder Akito... Oder doch sein Vater? Er hatte sich nie mit ihm darüber unterhalten, seit er seine Neue hatte. Wut stieg in ihm auf. Allein der Gedanke an diese Frau machte ihn irgendwo rasend... Er atmete tief ein, obwohl seine Hand zitterte. Schluckte seinen starken Drang, etwas zu zerstören wieder herunter. Seit er mit Sayoko zusammen gekommen war, hatte er sich geschworen sich zurück zu halten und ruhiger zu werden. Seine Wut nur noch in Maßen in gewissen Situationen auszulassen - und selbst da war es weniger Wut, als mehr andere Gefühle.
Schweigend blieb er am Grab stehen, ehe er sich wieder abwandte. Sayoko hatte zwar gesagt, dass sie sich heute mit ihren Freundinnen treffen wollte, dürfte aber mittlerweile zurück sein. Vielleicht sollte er kurz nach ihr sehen. Bald war der Todestag seiner und ihrer Mutter. Vor allem für sie dürfte diese Zeit nun schwer sein.
Und so begab er sich auf den Weg zum Haus der Arakawas, wo er kurze Zeit später klingelte.

Es war Akito's Mutter gewesen, welche Yuudai geöffnet hatte. Überrascht, als auch erfreut ihn zu sehen, ließ sie ihn sofort rein.
"Du willst bestimmt zu Sayo-chan, nicht wahr?" sagte sie freundlich. "Sie ist oben im Zimmer, geh ruhig hin."

------------------------

Sayoko hatte ihr Lied beendet, war fast taub - und doch starrte sie seit Minuten auf die Tasten auf sich, unbefriedigt. Sie fühlte sich immer noch scheußlich, nur ein bisschen leerer als vorher.
Sie hörte durch die Kopfhörer, welche sie immernoch auf dem Kopf trug, ein leises Klopfen und nahm sie ab. Erneut klopfte es, und Sayoko warf einen kurzen Blick in den Spiegel, ehe sie die Person herein bat.
Als schließlich Yuu durch die Tür trat, war sie überrascht, stand aber sofort auf, um ihn zu begrüßen.
"Was machst du denn hier?" fragte sie, mit einem Lächeln auf den Lippen, was vielleicht nicht so ehrlich war wie sie es gerne gehabt hätte.

Ihm fiel direkt diese seltsame Stimmung auf, die in der Luft lag. Vorsichtig schloss er die Tür und stellte seine Tasche an der Seite ab, wo er sie immer ablegte, wenn er bei Sayoko war. "Ich war auf dem Friedhof", sagte er ruhig, behielt aber seinen Blick auf sie. Etwas stimmte an ihrem Lächeln nicht. Das war ihm schon öfter aufgefallen, nur die letzten Male war es nie so extrem auffällig wie heute. "Jemand hatte Blumen abgelegt. Warst du das?", er lächelte sie an und setzte sich neben sie auf das Bett.

Sayoko nickte. "Ja, ich war heute auch dort." Sie wich seinem Blick aus und spielte mit ihren Haaren. "Ich bin froh das ich das mittlerweile hinbekomme." Fügte sie leise hinzu und erwischte sich dabei, wie sie seine Hand griff.
"Aber du bist doch sicher nicht hier um mir das zu sagen, oder? Verstehe mich nicht falsch, ich freu mich dich zu sehen, aber... unangekündigte Besuche sind doch sonst auch nicht deins."

Er umschloss ihre Hand und kratzte sich mit der anderen am Hinterkopf. "Da bist du weiter als ich. Ich war seit Jahren das erste Mal dort", gestand er und wich ihrem Blick aus. Seufzte innerlich.
"Ich wollte nach dir sehen. Du weißt schon...", es war doch sonst nicht seine Art, so rum zu drucksen, schalt er sich selbst. Dann seufzte er doch merklich.
"Ich wollte nachsehen wie es dir geht. Das ist alles." Mit diesen Worten sah er sie dann doch wieder an, suchte ihre Augen und versuchte in ihnen zu lesen.

Sie wich seinem Blick aus. "Wie soll's mir gehen?" antwortete sie schließlich und fühlte sich seltsam ertappt. Hatte er auf einmal einen sechsten Sinn entwickelt wann sie schlechte Tage hatte und wann nicht? "Nicht groß anders als die letzten Wochen." Sie lächelte.
Obwohl sie die Sache mit Kimiko sehr belastete, und auch die Tatsache, dass ihr Vater sich plötzlich meldete, ihr mehr zu schaffen machte als ihr lieb war, war ihr nicht danach drüber zu reden. Warum auch? Änderte es irgendwas?
Sayoko hatte die Erfahrung gemacht, das man über seine Gefühle besser nicht sprach. Entweder lassen einem die Leute im Stich, oder aber sie nutzten das aus um ihre Seele mit noch mehr Gift zu füllen. Und wenn das nicht der Fall war, dann machten sich die Leute, die sie liebte, wieder nur Sorgen und es war sowieso keinem geholfen.

Erneut kratzte er sich am Hinterkopf, suchte die richtigen Worte, die ihm aber nicht über die Lippen gehen wollten. "Du redest halt nie über deine Gefühle", sagte er schließlich, wich ihrem Blick wieder aus. "Und dann wäre da noch...", erneut dieses nervige drucksen. Er sollte es einfach ansprechen. Aber was, wenn sie selbst gerade nicht mehr daran dachte und er sich alles nur einbildete? Verdammt, die anderen Weiber haben immer zu nur von ihren Gefühlen geschwafelt. Dass er gerade in seiner Freundin, die er seit Kindertagen nicht lesen konnte, schien ihn zu verunsichern.
Schließlich atmete er tief ein. "Du weißt schon... Bald ist... der Todestag", letzteres sagte er eher leise, sodass man es kaum hören konnte. Den Blick auf den Boden gerichtet.

"Oh." Das war das einzige, was ihr über die Lippen kam. Das... erklärte einiges. Erklärte, wieso sie allgemein so angespannt war, wieso sie zu Kimiko harscher war als sie beabsichtigt hatte und auch, wieso ihr Vater sich gemeldet hatte. Wie konnte sie das vergessen? Oder wollte sie das vergessen?
Sie spürte, wie die Tränen kommen wollten, aber sie bemühte sich, diese zurückzuhalten. Dieses Jahr ist nicht anders als das Jahr davor. Und auch das davor nicht. Und es würde ihre Mutter gewiss nicht zurückbringen, jetzt Tränen zu vergießen.
"Das ist lieb, das du dir Sorgen machst, aber... ich komm klar. Wirklich." Sie bemühte sich, dass so glaubhaft wie möglich rüberzubringen. Sie hätte ihn damals gebraucht, nachdem sie gestorben war. So wie er sie und Akito bei seiner Mutter gebraucht hatte. Aber jetzt, nach der Zeit?
Sie hasste sich für diese Gedanken. In einem hatte Nanashi definitiv Recht - Sayoko war eine hässliche Persönlichkeit gewesen.