Central Hell Goddess 2

Ein freches Grinsen huschte über sein Gesicht. „Tja, da hast du wohl Recht“, antwortete er und lachte leise.
Er berührte ihr Kinn und drehte ihren Kopf so, dass sie ihm in die Augen schauen musste.
„Aber weißt du… es ist mir auch vollkommen egal.“
Er drückte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Sie hatten sich schon oft geküsst, klar. Aber dieser Kuss war anders. In ihm lag pure Liebe, nicht der Wunsch nach einem schnellen Abenteuer. Sondern schlichtweg die Zuneigung, die er ihr gegenüber empfand.

Nox wusste auch ohne direkte Worte, was er meinte - und obwohl sie diese Gefühle erst veränstigt hatten, sie die unbedingt von sich stoßen wollte, so war sie doch irgendwie glücklich, das sie beide es irgendwie geschafft hatten, das zuzulassen. Die Art, wie er sie küsste, war so ganz anders als jeder andere Kuss den sie bisher in ihrem Leben gehabt hatte. Er war so viel sanfter, so viel liebevoller - bestand nicht nur aus purer Lust, sondern aus echter, aufrichtiger Zuneigung.
Als die beiden sie sich schließlich voneinander lösten, grinste sie ihn an. "Du hast mich echt weich werden lassen, weißt du das?"

„Und du hast mich von meinem Schwur abgebracht, nie wieder eine Frau so zu mögen wie dich“, meinte er noch immer frech grinsend, küsste sie noch einmal kurz. Dann löste er sich doch wieder von ihr.
„Aber eine Sache wüsste ich dann doch gerne“, meinte er schließlich wieder etwas ernster. „Was meintest du vorhin damit, dass Rhea dir doch etwas Gutes getan hat?“

"Heh, da bist du plötzlich romantisch und im nächsten Moment der totale Stimmungskiller." erwiderte sie, leise lachend.
Sie zog wieder ihre Knie an sich und legte ihren Kopf drauf, den Blick auf's Feuer gerichtet.
"Obwohl sie es nie zugeben würde weiß ich das Rhea mich niemals wollte. Sie muss mich regelrecht gehasst haben." Sie erinnerte sich noch zu gut daran, wie oft sie und ihr Vater sich gestritten hatten, und die Art, wie Rhea sie damals angesehen hatte. Da war keine Liebe - nur eine Mischung aus Trauer, Hass und Ekel.
"Ich weiß, das ihr eigentlicher Plan war, sich das Leben zu nehmen, nachdem sie den Papst gestürzt hatten. Sie ist nur wegen meinem Vater am Leben geblieben – und er war wahrscheinlich auch der Grund wieso ich überhaupt auf die Welt kommen durfte. Andernfalls hätte sie garantiert versucht die Schwangerschaft zu beenden.“
Sie schloss die Augen. Sie fühlte sich so unglaublich schwach, wenn sie über ihre Mutter sprach. Ihre Geschichte war so viel harmloser, als das, was Arion erlebt hatte, und dennoch…
„Jedenfalls… sie war kaum da, und wenn sie da war, war sie kalt und abweisend. Nichts was ich getan habe war ihr irgendwie Recht. Ich weiß nicht ob es daran lag, weil sie selbst der Meinung war nicht leben zu dürfen.. und es mich demnach eigentlich nicht geben dürfte… Aber sie hat irgendwas in mir gesehen was sie nicht ertragen konnte, ja, etwas sie sogar regelrecht gehasst hat. Natürlich habe ich das als Kind nicht verstanden, ich mein, wie auch?“
Sie wusste noch genau, wie oft sie ihren Vater gefragt hatte, was sie falsch machte. Wieso Mama sie nicht lieb hatte. Und sie erinnerte sich an die verletzten, traurigen Augen, als er das Gegenteil zu beweisen versuchte.
„Irgendwann musste dann doch das schlechte Gewissen gekommen sein, denn eines Tages ist sie wieder aufgetaucht und hat mich plötzlich mit auf ihren Reisen genommen. Natürlich ohne groß ihr Verhalten zu ändern, obwohl ich mittlerweile weiß das sie es zumindest versucht haben muss, ich hab trotzdem nie das Gefühl gehabt irgendwas richtig zu machen, dabei wollte ich ihr unbedingt imponieren.“
Sie lachte leise.
„In der Zeit habe ich auch die Schattenmagie von ihr gelernt – wahrscheinlich war das irgendwie ihre Art, etwas gut zu machen, keine Ahnung.“
Sie machte eine kurze Pause, die Augen nachwievor geschlossen, während sie sich die kalten, traurigen Augen ihrer Mutter ins Gedächtnis rief.
„Irgendwann haben wir dann eine Weile im Wentra gelebt. Das ist die Zeit in der ich Amila kennengelernt habe. Ich weiß nicht, wieso, ob es daran lag das sie nicht ihre Kinder waren, aber… sie hat die Zwillinge so viel liebevoller behandelt, so, wie eine Mutter zu ihren Kindern eigentlich sein sollte. Nicht so wie mich. Gott, du kannst dir nicht vorstellen wie sehr ich Amila dafür gehasst habe. Manchmal immer noch hasse.“
Ein Seufzen entwich ihrer Kehle, und sie setzte sich wieder aufrichtig hin, da sie merkte wie ihr die Beine einschliefen.
„Na ja, den Rest kennst du. Toter Pädophiler, Assassinengilde, blah blah blah.  Sie ist übrigens auch der Grund wieso sie mich rausgeworfen haben, einfach weil Rhea irgendeinen Deal mit Ares gemacht hat, keine Ahnung.“
Sie machte eine weitere kurze Pause. Sie war sich nicht sicher, ob sie Rhea vielleicht nicht auf noch dafür dankbar sein sollte – immerhin wäre sie sonst nicht hier, nicht neben ihn; neben diesen Mann der es als erstes geschafft hatte, ihr Herz zu berühren.
Schließlich sah Arion ihn an, grinsend, wenngleich noch eine Spur Traurigkeit in ihren Augen lag.
„Und deshalb ist dir das Leben zu retten das Einzig Gute was sie jemals für mich getan hat.“

Schweigsam hatte er zugehört, versucht alles mit dem Bild zu verbinden, das er selbst von Rhea hatte. Versuchte zu verstehen, wie es Nox wohl ergangen war. Er selbst konnte sich nicht mehr gut an die Zeit erinnern, bevor er seine Eltern verloren hatte. Daher konnte er zumindest diesen Punkt verstehen.
Ohne ein weiteres Wort nahm er sie in den Arm, drückte sie fest an sich und streichelte ihr sanft über den Kopf und über ihren Rücken. Dabei lächelte er sanft.
„Nun… und die Tatsache, dass sie ich zur Welt gebracht hat, war wohl auch etwas Gutes“, meinte er sanft. „Sonst hätten wir uns nie kennenlernen können.“

Sie lachte leise und schlung ihre Arme um ihn.
"Ich hätte niemals gedacht das du so kitschig sein kannst, Großer." Sagte sie necked, ehe sie ihren Kopf hob und ihn küsste.
In dem Fall hatte er aber Recht - egal wie scheiße der Weg bisher auch gewesen sein mag, er hatte sie zu Arion geführt. Und allein war in diesen Moment etwas gewesen, wofür es sich gelohnt hatte.

Er erwiderte ihren Kuss grinsend.
„Die meisten Frauen stehen auf sowas“, antwortete er ebenso neckend, ehe er seine Lippen wieder auf ihre drückte.
Während draußen noch immer der Recken prasselte, der Donner grollte lagen sie beide nackt vor dem Kaminfeuer, die Felle schon längst neben ihnen liegend. Und liebten sich auf eine Art, die ihnen nur als Liebespaar möglich war.

Aimee wusste nicht wann sie eingeschlafen war und vor allem wie lange sie geschlafen hatte. Zu unruhig war es in ihrem Kopf gewesen. Nicht nur ihr innerer Instinkt, der ihr bei der Kälte immer wieder zurief „nicht einschlafen!“ hatte sie wachgehalten, sondern auch der Gedanke, dass sie hier gerade in den Armen des Mannes lag, den sie mit am meisten verabscheute. Natürlich, es war zum Überleben und mit keinerlei sexueller Absicht, auch wenn ihre Gedanken vereinzelt in andere Richtungen abgedriftet waren. Dennoch, allein die Tatsache dass sie noch nie ein Mann so nahe im Arm gehalten hatte… Und dann ausgerechnet er! Sie hatte es nur irgendwie ertragen, weil sie sich immer wieder gesagt hatte, dass er eh irgendwann ihr Ehemann sein würde, sie sich ihm ohnehin irgendwann hingeben musste. Dennoch, etwas in ihr weigerte sich, das zu akzeptieren. Wenn das alles vorbei war, würde sie ihren Vater darum bitten, ja vielleicht sogar anflehen diese Verlobung aufzulösen. Lieber heiratete sie irgendeinen armen Bettler, als diesen Mann!
Sie traute sich nicht einmal sich wirklich zu bewegen. Zum einen wusste sie nicht, ob er schon wach war – auch wenn es ihr herzlichst egal war ob sie ihn wecken würde oder nicht – doch gleichzeitig rief sie sich doch immer wieder in den Sinn, dass er ein Mann war. Entsprechend konnte sie nicht sagen, ob sie, erschöpft wie sie noch immer war, in der Lage war seinen Arm zu bewegen, selbst wenn er keinen Druck ausübte. Gleichzeitig hätte sie auch ein schlechtes Gewissen gehabt. Sie selbst spürte, wie stark sie herunter gekühlt war und sie spürte auch an ihm, dass er sich über Nacht weiter herunter gekühlt hatte. Zwar glaubte sie nicht, dass er erfroren war – dafür war er doch zu warm – aber er war definitiv eingeschlafen.
Und das Feuer, das er entfacht hatte, war mit Sicherheit auch schon lange erloschen.
Da ihr nichts anderes übrig blieb und sie immer noch müde war, schmiegte sie sich doch näher an ihn. Nahm seinen Geruch war, der erstaunlich gut war, wenn man bedachte dass sie seit dem Morgen des vorigen Tages unterwegs waren und sie beide bei ihrer Flucht geschwitzt haben mussten. War das ein Teil seiner Magie oder schlichtweg ein Parfüm, das er verwendete? Warum machte sie sich darüber überhaupt Gedanken?
Müdigkeit und Erschöpfung überkamen sie. Sollte er noch nicht wach sein, würde es ohnehin keinen Unterschied machen, sagte sie sich und schloss wieder die Augen. Zumindest ein bisschen Energie noch, bevor sie sich Gedanken machen mussten, wie es weiter ging…

Seltsame Träume hatten ihn diese Nacht verfolgt.
Er sah sich, inmitten des Chaos in Atrill - nur viel schlimmer als er es irgendwie in Erinnerung hatte. Er sah Feuer, hörte Schreie, und überall war Blut und leblose Menschen; und ihn selbst, welcher regungslos, fast schon gleichgültig mitten drin in der Zerstörung stand, ohne das es ihn in irgendeiner Form berührte. Dann sah er plötzlich wieder den aufgespießten Körper des Ritters, welcher ihn und Aimee das Leben rettete - nur das sich dieser auf einmal in seine Mutter verwandelte und sich an Liams Reaktion trotzdem nichts änderte, er nach wie vor kalt und unbeeindruckt blieb, so, als würde selbst der Tod seiner eigenen Mutter ihn nicht erschüttern.
Als er schließlich irgendwann aufwachte - noch immer seine Verlobte fest im Arm, er musste sie im Schlaf noch enger an sich gedrückt haben - dauerte es einige, wenige Sekunden bis er im hier und Jetzt angekommen war.
Wenigstens waren sie nicht erfroren; obwohl er das Gefühl hatte seine Gliedmaßen sind eingefroren und er seine Finger nicht spüren konnte, war er immerhin am Leben.
"Bist du wach?" Fragte er Aimee leise und war fast schon sowas wie erleichtert, dass auch sie die Nacht überstanden hatte. Er hörte ihren Atem, spürte ihr Mana, und das allein reichte schon aus, um ihn zurück in die Gegenwart zu holen, auch wenn er in dieser das gleiche, gefühlslose Monster war wie in seinem Traum.

Langsam öffnete sie die Augen, noch immer müde, vielleicht durch das kleine Nickerchen sogar noch müder als zuvor.
„Ja“, antwortete sie ebenso leise.
„Scheint als hätten wir die Nacht überstanden.“

Liam bewegte langsam seine Finger, um ein bisschen Gefühl zurück zu bekommen, und ließ Aimee schließlich los.
"Und wen haben wir das zu verdanken?" Erwiderte er, gewohnt arrogant, während er sich langsam aufsetzte.

Sofort rutschte sie von ihm weg, warf ihm einen kurzen angewiderten Blick zu, ehe sie die Schleife ihrer Haare öffnete.
„Erwarte jetzt bloß nicht, dass ich mich dafür bedanke“, antwortete sie stur und begann damit, ihre Haare zu flechten.
Eigentlich mochte sie die Länge ihrer Haare – schon allein weil sie länger waren als bei ihrem Zukünftigen – nur konnte sie ihnen gerade nicht die Pflege geben, die sie eigentlich benötigten. Zumindest ohne Kamm. Deshalb hielt sie es für besser, sie für eine Weile anders zu richten.

"Das wäre ja Einsicht. Das wäre das letzte was ich von dir erwarten würde." Erwiderte er gehässig und stand auf, vorsichtig, um etwas Gefühl in seinen Gliedmaßen zu bekommen.
Das Wetter schien sich beruhigt zu haben - der Wind peitschte nicht mehr unbarmherzig gegen das Lager, und auch der Schnee schien nachgelassen zu haben, zumindest soweit Liam das von drinnen erkennen konnte.

Aimee seufzte schwer, während sie sich noch immer um ihre Haare kümmerte. Sie war zu müde für diese Sticheleien, auch wenn sie seine Worte nur ungern auf sich sitzen ließ. Momentan waren sie allerdings aufeinander angewiesen, was gleichzeitig auch bedeutete, dass sie sich irgendwie zusammen reißen mussten.
Nachdem sie fertig war, stand sie selbst auf und streckte sich leicht. Die Kälte an sich machte ihr normalerweise nicht viel aus, dennoch spürte sie, dass ihre Glieder ein wenig eingefroren waren.
„Wir sollten uns lieber überlegen, wie wir weiter machen“, antwortete sie, seine vorherige Aussage ignorierend. „Ich habe wenig Lust noch eine Nacht in diesem Lagerhaus zu verbringen.“

"Ich bezweifle das wir eine weitere Nacht hier unbeschadet überstehen würden." Erwiderte er, den Blick starr nach draußen gerichtet. "Wenn uns die Kälte nicht umbringt dann spätestens der Hunger." Liam richtete den Blick zu Aimee.
"Du bist die Prinzessin dieses Reiches. Gibt es hier irgendwo ein Dorf, vielleicht sogar ein Teleporter in der Nähe?"
Wahrscheinlich wäre es das Beste wenn die beiden vorerts Unterschlupf im Windreich finden würden, allein um den König zu informieren. Dieser würde garantiert militärische Unterstützung schicken und sei es nur seiner Gemahlin wegen - alles weitere würde sich dann ergeben.

Sie nickte zustimmend. Schon jetzt waren sie beide wahrscheinlich zu stark unterkühlt, ohne irgendwelche Lebensmittel und Feuer würden sie definitiv nicht überstehen. Und ein zu großes Feuer wäre zu auffällig, wahrscheinlich würde man es von Artill aus sehen können und die wütende Meute dann möglicherweise sogar auf sie aufmerksam werden… Wobei es auch nicht schlecht wäre, wenn die Soldaten sie bemerkten, aber wäre das so klug? Sie sollten definitiv nichts überstürzen.
Sie berührte ihr Kinn und begann angestrengt zu überlegen.
„Eine Karte wäre nicht schlecht“, murmelte sie leise, ehe sie etwas lauter hinzufügte: „Nicht weit den Kanal herunter dürfte sich ein Dorf befinden, ich glaube irgendwo war auch ein Stützpunkt unserer Soldaten. Wenn wir es dorthin schaffen könnten…“
Sie hielt kurz inne, überlegte weiter. „Ich glaube weiter nördlich befindet sich auch ein Tempel mit Teleporter, aber ich bezweifle dass wir den Weg ohne Karte finden würden.“

"Und woher willst du eine Karte bekommen?" fragte er genervt, wenngleich er keinen besseren Vorschlag wusste.
Natürlich, sie könnten einfach loslaufen, in der Hoffnung bald das nächste Dorf oder eine Unterschlupf zu finden, aber Liam wusste das das sicherer Selbstmord wäre. Die Nächte waren sehr kalt in diesem Reich - und das Wetter unvorhersehbar. Und trotzdem, irgendwas mussten sie tun. Wenn sie doch wenigstens ein paar Vorräte oder Reiseequipment hätten... Aber so, ohne irgendeine Idee oder Ausstattung sah der Kronprinz die Lage relativ schwarz.

Aimee warf ihm einen ebenso genervten Blick zu, blieb aber ruhig. Sich jetzt anzukeifen würde niemandem etwas bringen.
„Ich sagte doch bereits, wenn wir dem Kanal folgen, dürften wir ein Dorf erreichen“, meinte sie und stand auf. „Spätestens dort dürften wir irgendwie an eine Karte kommen. Noch besser wäre es, wenn wir den Stützpunkt finden, aber ich denke das Dorf ist die sicherere Methode.“
Sie räusperte sich kurz und sah ihn an. „Oder hast DU etwa einen besseren Vorschlag in dieser Situation?“

Liam seufzte.
"Ich fürchte nicht, nein." gab er schließlich zu, wenn auch eher unfreiwillig. Er trat an die Wand des Lagerhauses und blickte durch eine der Lücken. Immerhin war es relativ früh am Tag... Je nachdem wie weit das Dorf weg lag sollten sie es definitiv noch vor Sonnenuntergang erreichen.
"Dann lass uns besser keine weitere Zeit verschwenden. Oder braucht die Dame noch etwas Zeit für ihr wunderschönes Anlitz?"
Obwohl er wusste, das sie besseres zu tun hatten als zu streiten, konnte Liam sich den Kommentar nicht verkneifen - ob es daran lag das es ihn irgendwie.. amüsierte, sie zu verärgern? Er wusste es nicht, und er wusste auch nicht, ob das überhaupt die richtige Bezeichnung dafür war.

Aimee bemühte sich, einen ruhigen Kopf zu behalten. Doch Hunger und Erschöpfung raubten auch ihr die Kraft, sodass es ihr zunehmend schwer fiel, die Fassung zu behalten.
„Das könnte ich eher dich Fragen“, meinte sich und trat zur Tür des Lagerhauses, noch ehe er reagieren konnte, versuchte sie zu öffnen. Über Nacht hatte sich der Schnee allerdings so stark angehäuft, dass er gegen die Tür drückte. Sie seufzte schwer, konzentrierte sich und schob ihn mit ihrer Magie zur Seite.
Sofort schlug ihr ein kalter Wind entgegen, obwohl es sonst weitestgehend trocken war. Der Weg zum Lagerhaus war weitestgehend von Schnee bedeckt, sodass sie nur erahnen konnten, wo sich dieser befand. Es wäre also wirklich am einfachsten, wenn sie sich am Wasserbett orientierten, wenn sie sich auf den Weg zum Dorf begaben. Sie hoffte inständig, dass sie vielleicht doch zuerst den Wachturm erreichen würde, der Ausblick auf wärmere – und vor allem saubere – Kleidung mochte ihr gefallen, wenngleich sie sich nicht sicher war, ob diese unauffälliger war als ihr ohnehin schon blutverschmiertes, elegantes Kleid.

Auch Liam ließ seinen Blick über die verschneite Landschaft schweifen. Der Schnee war relativ hoch - selbst mit Magie würde es einiges an Zeit in Anspruch nehmen, sich dadurch zu kämpfen.
"Schätze wir müssen uns den Fluss entlang bewegen." Stellte er laut fest, seufzte dann genervt und setzte den ersten Fuß nach draußen; vorsichtig, um festzustellen wie fest der Boden tatsächlich war.
Immerhin konnte man sich einigermaßen bewegen, auch wenn ein schnelles Vorrankommen wohl ausgeschlossen war

Aimee nickte zustimmend, ehe sie ihre Wanderschaft aufnahmen. Das Boot ließen sie dieses Mal zurück, zu auffällig wäre es, wenn sie mit einem gestohlenen Boot aus Artill im Dorf auftauchen würden. Sie mussten auch so schon darauf hoffen, dass die Bewohner noch nichts von den Aufständen mitbekommen hatten oder zumindest noch nicht mit eingetreten waren. Zumindest war das ihre größte Sorge. Still fragte sie sich, wie es ihrer Familie wohl gehen würde, allem voran ihrem Vater. Hoffentlich hielten die Soldaten stand und schafften es, den Aufstand zurück zu schlagen.
Es war ungefähr zur Mittagszeit, als sie inmitten der weißblauen Landschaft vereinzelte Häuser erblickten, die fast mit der Landschaft zu verschmelzen schienen. Wie bereits in Artill waren vereinzelte Häuser mit Magie verstärkt worden, der Großteil war jedoch fast ausschließlich aus Stein hergerichtet worden.
„Endlich“, sagte sie erleichtert und ignorierte dabei ihre schmerzenden Füße. Sie war es definitiv nicht gewöhnt, so lange Wege zu laufen.

Still Fragte sich Liam, wie spät es wohl war, und wie lange sie unterwegs gewesen sein mussten. Den Großteil des Weges waren sie schweigsam nebenher gelaufen, ohne Sticheleien oder sonst auch ein Wort zu sprechen. Zu sehr waren sie beide in ihren eigenen Gedanken versunken; Liam dachte an seine Mutter und tatsächlich auch an seine Zwillingsschwester, an welche er selten einen Gedanken verschwendete. Ob die Nachricht über sein Verschwinden schon zu ihr durchgedrungen war? Er hoffte es nicht - Amila war schließlich nicht gerade für ihr wohlüberlegten Entscheidungen bekannt. Man könnte fast sagen, das sie ihn ein wenig fehlte - aber wahrscheinlich lag es einfach daran das Aimee ihn durchgehend dran erinnerte was für ein schrecklicher Mensch er war; die einzige Person die hinter seine Maske blicken konnte und ihn somit selbst in Erinnerung rief wie scheußlich er war.
"Wird man dich erkennen?" Fragte er seine Verlobte schließlich, noch bevor sie einen Fuß in das Dorf gesetzt hatten. Je nachdem wie die Gesinnung der Leute war könnte das Fluch oder Segen sein; er hoffte letzteres, schließlich merkte er wie sein Körper nach etwas Essbaren und etwas erholsamen Schlaf schrie.

Sie überlegte nicht lange. „Vermutlich nicht“, antwortete sie erschöpft. „Die wenigsten einfachen Leute wissen, wie die Königsfamilie aussieht. Auf sie wirke ich wie ein normales Mädchen vom Wasservolk.“
Kurz blickte sie an sich herab und bemerkte dabei wieder die Blutspritzer auf ihrem Kleid. Sie hoffte dass diese kein Problem darstellen würden, wer wusste wie das einfache Volk reagierte… Vielleicht würden sie irgendwelche Ausreden benötigen um das Blut zu erklären. Gleichzeitig hoffte sie, dass dieses Dorf eine Schneiderei besaß. Was würde sie nicht für saubere Kleidung alles geben…

"Besser so. Wenn sie nicht sofort wissen wer wir sind verschafft uns das auf jeden Fall genug Zeit um einen weiteren Plan zu überlegen."
Liam selbst würde wohl nicht so einfach unbekannt durch Winderia spazieren können. Seine Eltern haben - aufgrund des Rates damals - sehr präsent gemacht, wer der künftige König des Reiches werden würde. Er erinnerte sich noch an die vielen Veranstaltungen denen er beiwohnen musste, die vielen Städte und Dörfer die er damals zusammen mit Teilen des Hofstaates besucht hatte, nur damit das Volk ihren künftigen Herrscher - den mächtigsten Magier seiner Zeit - kennenlernte. Mittlerweile verstand er zwar wieso, aber damals war es nur eine weitere, lästige Pflicht die ihn nur weiter davon entfernt hatte herauszufinden, wer er eigentlich außerhalb der Rolle des Kronprinzen war.
"Wir sollten uns vielleicht auch eine Geschichte überlegen." Merkte er schließlich an, Aimee kalt musternd. "Sie werden gewiss fragen wer wir sind und wieso deine Kleidung voller Blut ist." Ein arrogantes, gehässiges Lächeln fuhr über seine Lippen - das Lächeln, welches Aimee so sehr hasste.
"Ich denke Mal die Tatsache das du meine Verlobte bist können wir beibehalten. Das verleiht der Geschichte etwas mehr... Dramatik."