Central Hell Goddess 2

"Nicht? Dabei bist du doch sonst auch immer so informiert." erwiderte er sarkastisch und schmiss noch etwas Holz ins Feuer.
"So oder so, es wird nur noch kälter werden je später es wird. Und leider sind wir aktuell die einzige Möglichkeit die wir haben um uns warm zu halten." Seine Stimme war unaufgeregt, fast schon monoton. Er wusste, das ihr der Gedanke nicht gefallen würde, aber obwohl er sein Leben nicht gerade als lebenswert ansah fand er den Tod noch viel abschreckender. Außerdem würde er dieser Frau früher oder später eh näher kommen müssen - ob er wollte oder nicht, es spielte eh keine Rolle.

„Wa-warte, du meinst doch nicht etwa…“, sie spürte, wie ihr die Schamesröte ins Gesicht stieg.
Natürlich, er hatte Recht. Allerdings war sie noch nie einem anderen Mann als ihrem Vater so nah gewesen – und sie waren noch nicht verheiratet! Klar, sie würden irgendwann verheiraten, dann blieb ihr nichts anderes übrig als mit diesem Kerl das Bett zu teilen, aber trotzdem… Das kam viel zu früh! Sie war noch nicht bereit dazu!
Und die Art wie er es sagte. So kalt und monoton, als würde es ihm wirklich gar nichts bedeuten… Das machte sie gleichermaßen rasend!
Sie schnaubte ein wenig und hob den Blick. Einfach so würde sie sich ihm nicht in die Arme werfen, das konnte er vergessen! Egal wie kalt es draußen auch war… Wobei sie zugeben musste, sie selbst keine große Lust hatte zu erfrieren.

Er bemerkte ihre Reaktion und seufzte. Wie konnte man sich nur so anstellen?
"Also wenn du unbedingt sterben willst, dann nur zu. Nur dann such dir bitte eine Möglichkeit das sofort zutun, damit ich deine Kleidung zumindest für mein Überleben nutzen kann. Ich hänge noch an meinem Leben." Auch wenn er eigentlich gar nicht wusste, wieso - immerhin war das eigentlich gar nicht "seins".

Sie räusperte sich.
„Tut mir Leid, dass ich bisher nur Recht wenig näheren Kontakt zu Männern hatte“, antwortete sie, den Blick von ihm abgewandt. Sie wusste, was für eine Antwort kommen würde und trotzdem fühlte sie sich einfach noch nicht bereit. Im Augenwinkel sah sie zu ihm, er wirkte irgendwie anders als sonst. Lag das an der Erschöpfung? Das änderte allerdings nichts daran, dass er eigentlich ein vollkommener Idiot war.

Erneut seufzte er.
"Du tust gerade so als hätte ich sonst was mit dir vor." Er merkte, wie ihm selbst kälter wurde und der Wind langsam immer lauter gegen das Lager peitschte.
"Ehrlich, ich bin mir gerade nicht mehr sicher ob das falscher Stolz oder einfach nur Dummheit ist. Außerdem werden wir uns früher oder später noch viel näher kommen müssen, ob wir wollen oder nicht."

Erneut räusperte sie sich, öffnete den Mund zu einer Antwort, schloss ihn aber direkt wieder. Ja, er hatte Recht, es war ihr Stolz, der sie daran hinderte beizugeben. Genauso wie er Recht hatte, dass sie sonst erfrieren würden, dennoch… Sie schüttelte leicht den Kopf, versuchte ihre Gedanken los zu werden. Früher oder später würde sie mit ihm sowieso das Bett teilen müssen, das war noch einmal eine ganz andere Situation. Eine Situation, auf die sie sich eigentlich schon ihr ganzes Leben vorbereitete.
„Es wäre viel leichter, wenn du nicht so ein Idiot wärst“, murmelte sie kleinlaut, ehe sie doch näher zu ihm rückte, den Kopf immer noch rot und den Blick von ihm abgewandt.

Ein leises, trockenes Lachen entfuhr seine Kehle.
"Tut mir Leid." erwiderte er und legte seinen Arm um sie, und zog sie beide zu Boden, so das sie lagen und drückte sie eng an sich.
Letzten Endes war sie genau wie er - jemand, dessen Leben vorgeplant war, nicht selbstbestimmt. Und trotzdem wirkte sie als gäbe es genug Dinge die sie mochte, an der sie Freude hatte, weil sie ihr gefielen - das war etwas was er an ihr beneidet hatte.
Es tat ihm wirklich Leid für sie, dass er war, wer er war. Und das sie sich bis zum Rest ihres Lebens mit ihm rumplagen musste, seine Kinder kriegen würde, wo er sich nicht einmal sicher war ob jemand wie er wirklich Vater sein sollte. Aber das waren Dinge, die er sich nicht aussuchen konnte - sie wurden erwartet, waren als festes Kapitel in seinem Leben eingeplant, also was blieb ihn anderes übrig?
"Du solltest versuchen ein wenig zu schlafen." meinte er schließlich leise.
Wahrscheinlich war ihr Gesicht hochrot und ihr Herz schlug bestimmt wie wild, während Liam das nachwievor alles kalt ließ.
Seine Gedanken schweiften nach Atrill und seiner Mutter. Er hoffte wirklich, das alles in Ordnung war; selbst so jemand wie Liam war nicht komplett ohne Sorge. Er wusste zwar, das sie Taff und hart im Nehmen war, aber ... Auch wenn er Aimee das nicht gesagt hatte schrie das alles zu sehr nach einem aufkommenden Bürgerkrieg. Es würde definitiv eine Weile dauern, bis sich die Lage beruhigen würde; und solange würde Aimee nicht nach Hause zurück kehren können. Wahrscheinlich war es das Beste, sie würden versuchen, nach Wentra zu kommen und seinem Vater davon zu berichten, damit dieser militärische Unterstützung stellen konnte. Vielleicht wartete dort auch schon seine Mutter auf ihn... Wobei er eigentlich wusste das sie niemals ohne ihn zurückkehren würde.
Er beschloss, diese Gedanken erstmal zu vertagen. Morgen müssten sie sich eh überlegen wie sie weitermachen; außerdem merkte er wie ihn langsam die Glieder schwer wurden und seine Augen zufielen; Liam hoffte inständig das sie den morgigen Tag noch erleben würden, und drückte Aimee noch enger ansich. Egal was sie davon halten würde; sie würden die Wärme brauchen, alle beide.

Der Wind pfiff und prasselnder Regen benetzte Arions Gesicht, als sie endlich – wetterbedingt zwei Tage später als geplant – den Bergpass erreichten, der ihre Abkürzung nach Synal darstellen sollte. Seit mehreren Tagen hatte es fast durchgehend geregnet, sodass sie zwischendrin einen Tag in einem der Dörfer verbracht hatten, an dem sie vorbei gekommen waren. Immerhin hatte der erste richtige Herbststurm bereits nachgelassen, auch wenn Wind und Regen ihre Reise immer noch erschwerten. Und er wusste aus Erfahrung, dass gerade Bergpässe keine gute Wahl dafür wären. Die Alternative wäre allerdings gewesen, den Berg zu umgehen – was sie noch einmal eine Woche gekostet und sie fast an Wentra vorbei geführt hätte.
„Wir dürften bald eine Wandererhütte erreichen“, rief er Nox gegen den lauten Wind an.
Sie schien es gewöhnt zu sein bei dem Wetter unterwegs zu sein, überraschte ihn nicht sonderlich. Dennoch hielt er es für besser, wenn sie zumindest den nächsten Abend lang das Wetter abwarteten und die Nacht in der Hütte verbrachten. Irgendwann musste dieser verdammte Regen doch endlich aufhören…
Kaum hatte er es gesagt, konnte er die Hütte auch schon zwischen dichten Nebelschwaden und hinter prasselndem Regen erkennen und steuerte diese direkt an.

Nach einer kurzen Weile hatten sie schließlich die besagte Hütte erreicht.
Sie war relativ klein, aber definitiv ausreichend für zwei Personen. Der Hauptraum war mit einem Kamin ausgestattet, welcher den Herzstück des Raumes darstellte. Außerdem gab es noch ein kleines Schlafzimmer, eine Kochnische und ein Bad.
Nox seufzte erleichtert, denn obwohl sie es gewohnt war bei jedem Wetter unterwegs zu sein, so konnte sie die Wärme eines knisternden Kaminfeuers nicht abwarten.
"Mach du schon Mal das Feuer an " sagte sie zu Arion, und zog sich, als wäre es das normalste der Welt, ihre nassen Klamotten aus und hing sie zum trocknen auf.
Sie hatte direkt beim Betreten der Hütte zwei große Tierfelle erspäht, die an einem Haken in einer Ecke des Zimmers gehängt waren - sie nahm sich eines von den beiden und wickelte sich darin ein, machte es sich vor dem Kamin bequem.
"Solltest du vielleicht auch machen wenn du nicht krank werden willst." Meinte sie grinsend zu Arion nachdem sie seinen fragenden Blick sah.

Arion lachte leise, während er seinen nassen Mantel auf einen Stuhl legte, ehe er sich dem Kamin widmete.
„Seit wann erteilst du mir Befehle?“, meinte er scherzhaft, sorgte dann aber schließlich doch für ein wärmendes Feuer, ehe auch er sich seiner restlichen Kleidung entledigte und das zweite Fell.
„Ich hoffe das Wetter bessert sich bald“, meinte er fast schon genervt, als er sich neben sie vor den Kamin setzte. „Das Wetter erschwert alles nur unnötig.“

"Hätte ja auch keiner ahnen können das es so plötzlich umspringt." Stimmte sie zu, das Feuer beobachtend. Wenn sie es nicht besser wüsste hatte diese Situation schon fast etwas romantisches.
"Ich bin mir sowieso unsicher ob das so eine gute Idee war diesen Auftrag anzunehmen wenn ich ehrlich bin." Fuhr sie fort, den Gedanken bei Cian und seiner Familie. Klar, sie hatte schon so viele andere Aufträge erledigt, viel gefährlichere und moralisch fragwürdigere, aber da kannte sie nie Details. Kannte die Menschen nicht. Hatte nicht gewusst ob sie Familie hatten oder sonstige Details in ihren Leben. Trotzdem - obwohl ihr bewusst war das jeder von ihr getötete Mensch eine Familie hatte, Menschen die sie zurückließen.. bisher hatte sie sich selbst einreden können das alle es irgendwie verdient hatten, in irgendeiner Form.
Aber jetzt? Sie hatte die Schreie von Cians Frau gehört, das Heulen eines unschuldigen, neugeborenen Kindes. Das allein reichte schon um einen bitteren Beigeschmack zu hinterlassen.
"Aber wenn wir's nicht tun hätte er wahrscheinlich eh jemand anderen gefunden." Sie lachte leise.

„Wahrscheinlich“, Arion seufzte und warf noch einen Holzscheit ins Feuer. „Keine Ahnung, was er damit vorhat… Aber wenn er nicht mit sich reden lässt, kann man leider nichts machen.“
Er sah eine Weile schweigend ins Feuer. Irgendwo in der Ferne glaubte er einen Donner zu hören. Das hatte ihm gerade noch gefehlt… Warum gab es gerade in Winderia so viele Gewitter, wenn es Mal stürmte?

Sie selbst sagte eine Weile nichts, sah stumm ins Feuer und genoss Arions Anwesenheit. Irgendwie war das alles viel zu vertraut geworden - viel vertrauter als sie es jemals in ihrem Leben irgendwie zulassen wollte.
"Mich macht es vor allem irgendwie wütend." Sagte sie schließlich, leise. "Dabei kenne ich ihn nicht Mal. Aber..." Sie zögerte. "Ich weiß nicht ob es an meiner eigenen Kindheit liegt, aber ein Kind sollte so nicht aufwachsen. Es hat Sicherheit verdient und nicht ein Vater der potentiell sein Leben riskiert." Sie umschlang ihre Beine und legte ihr Kopf auf die Knie. "Wobei ich mir da wahrscheinlich kein Urteil erlauben darf."

Ein trockenes Lachen entrang seiner Kehle und doch sagte er eine Weile nichts. Klar, sie hatte Recht und Arion war an sich auf ihrer Seite. Viel zu sehr erinnerte ihn die Situation an seine eigene Kindheit, eine Kindheit, in der er sich bis zu einem gewissen Grad in Sicherheit gewogen hatte.
Bis alles auf einmal zerstört wurde.
Er kniff die Augen zusammen, verbannte die Erinnerung wieder.
„Er weiß nicht, was er seinem Kind damit potenziell antut. Das ist das Problem“, antwortete er trocken. „Entweder hat er die Hetzjagd im Erdreich damals komplett vergessen oder er hatte das Glück, davon nichts miterlebt zu haben.“

"Wie... War das damals eigentlich?" Fragte sie vorsichtig, Arion von der Seite anblickend.
"Wenn du darüber reden möchtest, natürlich."
Obwohl ihre Eltern einen großen Teil zur Unterjochung des damaligen Papstes beigetragen haben und als Helden regelrecht gefeiert wurden, haben sie ihr nie davon erzählt. Rhea sowieso nicht - aber das selbst ihr Vater sich in einem Mantel des Schweigens diesbezüglich gehüllt hatte war ungewöhnlich. Wahrscheinlich waren sie beide der Meinung daß es für Nox besser wäre, aber wie sollte sie stolz auf ihre Eltern sein ohne das sie genau wusste was sie getan haben?

Arion ließ sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen zurück fallen, starrte mit leerem Blick die Zimmerdecke an. Schweigend. Eigentlich hatte er die Bilder von damals die ganze Zeit ganz tief in einer Schublade seiner Erinnerung verbannt. Sollte er sie gerade jetzt herausholen? Ein Teil von ihm bejahte diese Frage, ein anderer jedoch empfand die Zeit noch als zu früh.
Nachdem einige Herzschläge des Schweigens vergangen waren, stellte er dafür eine Gegenfrage.
„Rhea“, begann er. „Bei deinem Abschied von der Gilde ist der Name öfter gefallen. Kennst du sie?“

"Besser als mir lieb ist." gestand sie, unsicher wie sie die Frage deuten sollte, und zog die Knie noch näher an sich ran.
"Sie... Rhea ist meine Mutter." fuhr sie fort, leise - fast schon flüsternd, und irgendwie auch seine Reaktion fürchtend.

Er setzte sich ruckartig leicht auf, sah sie schief von hinten an, die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Dann lachte er leise, trocken.
„Die Welt ist wirklich klein“, murmelte er leise, den Blick zur Seite gerichtet.

Nox merkte, wie sehr sie seine Reaktion verunsicherte.
"Ich... woher kennst du sie?" fragte sie, vorsichtig, nicht in der Lage die Unsicherheit in ihrer Stimme zu verbergen.
Wieso war sie so nervös? War es weil sie Arion mochte? Oder die Angst das Rhea was schlimmes getan haben könnte, und er sie jetzt nicht mehr sehen wollen würde? Komische Gefühle durchstörmten sie, die sie nicht alle einordnen konnte, und fürchtete sich regelrecht vor seiner Antwort.

Er lachte erneut leise und richtete sich wieder vollends auf.
„In gewisser Weise verdanke ich ihr mein Leben“, sagte er schließlich, mied ihren Blick allerdings weiterhin. Für einen weiteren Augenblick schwieg er, den Blick starr auf das Feuer gerichtet. Gedanklich, ganz weit weg. Wenn sie ihre Tochter war… Dann konnte er ihr seine Geschichte vielleicht erzählen, oder? Die Stimme die danach schrie, sich ihr zu öffnen wurde immer lauter. Fordernder. Schließlich seufzte er, nachdem wieder für eine Weile Schweigen eingetreten war.
„Meine Familie hatte eine Taverne“, begann er schließlich. „Wobei mein Vater nicht nur davon lebte, sondern auch davon dass er ähnlich wie Cian seine Hilfe für gewisse Dienste anbot. Ich war selbst noch ein Kind, aber ich erinnere mich noch daran wie Sheela, eine gute Freundin meines Vaters, eines Tages mit einer kleinen Gruppe Leute ankam. Rhea gehörte zu ihnen.“
Er hielt kurz inne um seine Gedanken zu sortieren.
„Damals war ich selbst zu jung um zu begreifen, warum sie hier waren. Mittlerweile weiß ich, dass sie meinen Vater um Hilfe den Papst zu stürzen baten. Und wie er so war, half er ihnen. Auch weil er selbst gegen dessen Religion war.“
Für einen kurzen Augenblick versuchte er sich die Gesichter der anderen in Erinnerung zu rufen, doch bis auf die beiden genannten blieben die Gesichter leer… Ja, er konnte nicht einmal mehr sagen, wie viele Leute dort gewesen waren. Zu lange war es her, zu viele Jahre vergangen.
„Nach dem Sturz des Papstes kehrte erst Mal Ruhe bei uns ein, die Taverne lief erstaunlich gut und Vater begann, mir zu zeigen wie er sein Bier braute. Bis uns irgendwann die Meldung erreichte, dass der amtierende Kaiser einem Attentat zum Opfer gefallen war und sein Sohn nun den Thron bestiegen hatte.“
Er sah ihr kurz in die Augen, ein trauriges Lächeln auf den Lippen.
„Du weißt wahrscheinlich selbst, wie sehr er den Papst eigentlich verehrt“, meinte er und wandte den Blick wieder ab. Als er wieder ins Feuer sah hörte er wieder die Schreie der Dorfbewohner, die Schreie seiner Eltern. Für einen Augenblick kniff er die Augen zusammen, verdrängte die Erinnerung. Rang innerlich nach Worten und hoffte, dass er damit nicht zu viel Schwäche zeigen würde.
„Nachdem er den Thron bestiegen hatte, begann er diejenigen zu suchen, die Rhea damals unterstützt hatten. So kam er auch in unser Dorf.“
Er schluckte einen aufkommenden Kloß herunter. Verdammt, obwohl das alles schon so lange her war, nahm es ihn doch noch immer mehr mit als er gewollt hatte.
„Entschuldige“, murmelte er und massierte sich die Augen.
„Meine Erinnerung daran ist leicht verschwommen“, griff er das Wort wieder auf. „Ich erinnere mich nur noch daran, wie das ganze Dorf festgenommen und nach und nach alle hingerichtet wurden.“
Erneut stockte er.
„Es waren Rhea und Sheela, die mich raus geholt hatten, bevor sie auch mich töten konnten“, er schüttelte den Kopf leicht. „Für eine Weile kam ich dann bei Sheelas Familie unter. Tja und den Rest kennst du.“

Nox hatte nichts getan, außer zuzuhören. Sie merkte ihm an, wie schwer es ihm fiel, darüber zu reden - und das er diese Geschichte mit ihr teile berührte sie, irgendwie. Ob er es ihr nur erzählt hatte weil sie Rhea's Tochter war?
"Danke das du mir das erzählt hast." flüsterte sie. Sie war sich nicht sicher, wie sie reagieren, was sie sonst sagen sollte. Sie hatte das Gefühl kein Wort, das sie sprechen konnte, würde dem irgendwie gerecht werden. Schließlich rückte sie näher an ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Wieso, wusste sie auch nicht - nur irgendwie wollte sie ihm nahe sein, und das auf eine andere Art als sonst. Eine Art, die auf eine seltsame Weise so viel intimer war.
"Dann hat Rhea doch einmal was gutes für mich getan." sagte sie schließlich leise, nachdem eine kleine Weile vergangen war, mit einem bitteren Lächeln.

Er schloss die Augen und genoss ihre Nähe. Seltsam, eigentlich war es genau das, was er immer vermeiden wollte. Schwäche zeigen. Jemanden an sich heranlassen. Jemanden bei sich haben, den er auf genauso grausame Art verlieren konnte, wie er seine Familie verloren hatte. Dennoch löste sie in ihm eine Wärme aus, Gefühle, die er eigentlich nicht mehr empfinden wollte. Und die er auch jetzt am liebsten komplett ignorieren wollte, in die Truhe schließen, aus der sie gekrochen waren. Diese verdammten Schmetterlinge in den Käfig sperren. Gleichzeitig wollte er diese Frau aber auch einfach in die Arme schließen und in seiner Nähe wissen, mehr nicht.
Auch er lachte leise.
„Als Kind hatte ich sie gehasst“, gestand er schließlich. „Ich habe sie dafür verantwortlich gemacht, ja ich habe sie sogar dafür gehasst, dass sie mich am Leben gelassen hatte.“
Er sah zu ihr und legte eine Hand um ihre Schulter. Vermied es, die weiteren Gedanken auszusprechen, die er im Kopf hatte.
Dass er dankbar war, dass sie Nox zur Welt gebracht hatte. Dass er sie durch sie kennenlernen durfte. Doch noch immer weigerte er sich, diese Gefühle, die er gerade jetzt empfand, wirklich zuzulassen.

"Da haben wir wieder was gemeinsam." antwortete sie amüsiert, und schloß ebenfalls die Augen. Sie war sich nicht sicher, was genau das hier überhaupt noch war, oder was das jemals werden sollte. Aber das war in den Moment auch egal gewesen - sie genoss einfach seine Nähe, genoss das er da war; spürte seine Wärme, wie ihr Herz klopfte. Es war so viel intimer als alles was die zwei zuvor miteinander geteilt hatten. Und irgendwie machte ihr das Angst, verunsicherte sie. Wie zum Teufel hatte der Mann es nur geschafft das sie so weich wurde? Auch wenn sie die Antwort irgendwie schon kannte.

Er drückte sie leicht an sich, genoss es, sie einfach nur bei sich zu haben. Im Arm zu halten. Kurz schloss er die Augen, atmete ihren Duft ein. Verspürte wieder diesen Hauch von Selbsthass, diese Wut über sich, dass er sich doch wieder einer Frau geöffnet hatte.
Gleichzeitig war es ihm aber egal.
„Vielleicht sollten wir aufhören“, sagte er leise, nur zu gut wissend, wohin das führen würde.
Nicht, dass er sich ausmalte Sex mit ihr zu haben – das war nun bei weitem nicht mehr sein größtes Problem. Viel mehr hatte er Angst, dass sie sich auf eine andere Art noch näher kamen als sie ohnehin schon waren.
So nah, dass er sie nicht mehr von seiner Seite wissen möchte.
Dabei wusste er selbst, was für ein Narr er für seine eigenen Worte war. Er war ihr schon längst verfallen.

Nox lächelte amüsiert.
"Meinst du nicht das es dafür schon zu spät ist?" fragte sie, die Augen noch immer geschlossen. "Wir hätten schon viel früher aufhören sollen."
Wobei sie dann nicht wusste, was jetzt mit ihr gewesen wäre - wahrscheinlich wäre sie elendig in der Gasse verblutet, oder bei dem lächerlichen Versuch sich zu rächen gestorben. Sie verdankte Arion viel zu viel; viel mehr als was ihm eigentlich bewusst war.