Central Hell Goddess 2

Kurz vor Nox' Tür merkte Damon wieder, wie ihm das Herz schwer wurde, wie der Kloß im Hals wuchs. Der Gedanke, Nox so zu sehen, und dann mit dem Wissen das sie bald die Gilde verlassen musste...
Außerdem hielt er es für besser wenn die zwei Zeit hatten, alleine miteinander zu sprechen. Selbst wenn es am Ende ein Abschied war - Damon hatte nicht das Gefühl das er dabei sein sollte.
Also sah er Arion an, mit einem entschuldigenden Lächeln im Gesicht.
"Ist vielleicht besser wenn du alleine rein gehst." Meinte er. "Ich hab nicht das Bedürfnis vor 'nen anderen Mann Tränen zu vergießen."

Arion legte Damon kurz wissend die Hand auf die Schulter. „Danke“, sagte er nur, ehe er an der Tür klopfte, wartete auf eine Antwort und trat ein, als er herein gebeten wurde.
Der Anblick erschrak selbst ihn, der eigentlich vieles gewöhnt war. Sie lag auf dem Bett, den Blick abgewandt und trotzdem sah er in ihren rotunterlaufenen Augen, dass sie eben noch geweint hatte. Er schluckte schwer, ehe er sich auf den Stuhl setzte, nicht wirklich wissend was er sagen sollte.
„Ich wollte noch Mal nach dir sehen“, sagte er schließlich knapp und bemühte sich um ein Lächeln, nicht wissend, ob sie sich zu ihm umdrehte oder nicht.

Als es zum wiederholten Male an Nox Tür klopfte, hatte sie mit vielen gerechnet - aber nicht Arion.
Ares erwähnte zwar, das ein Mann der auf seine Beschreibung passte der Grund für ihr Überleben war, aber sie hätte trotzdem nicht damit gerechnet das er wirklich nach ihr sehen würde.
Sie musste unweigerlich an Ares' Worte denken - von wegen sie könnte sich jetzt ja sesshaft machen, und das ihr Retter doch vielleicht eine gute Partie wäre - obwohl es seine Art war sie aufzumuntern, hatte sie ihm daraufhin nur entnervt das Kissen entgegen geworfen.
Sie drehte sich zu ihn, bemühte sich zu einem Grinsen.
"Dafür daß ich nur eine Bettgespielin für dich bin scheinst du ja echt große Sehnsucht nach mir zu haben." Antwortete sie gewohnt neckend, obwohl ihr eigentlich absolut nicht danach war.
Sie war froh, ihn wieder zu sehen, zu wissen, das er sich irgendwo Sorgen um sie machte. Andererseits war da wieder dieser Hauch von Traurigkeit - ihr war bewusst das das wohl nur erneut in einem Abschied enden würde. Und ihr war der erste Abschied überraschend schwer gefallen.
"Danke das du mich da weg geholt hast übrigens." Fuhr sie fort, der Ton um einiges ernster, die Stimme so viel leiser.
"Ohne dich wäre ich wahrscheinlich nicht mehr hier."
Wobei das auch keinen Unterschied gemacht hätte, doch diesen Gedanken sprach sie nicht aus.

Er war erleichtert, dass sie zumindest noch neckisch sein konnte, auch wenn er ihr ansah, dass sie sich sonst nicht gut fühlte. Dass sie die Gilde verlassen musste, schien ihr sehr zu schaffen zu machen. Dennoch gab er sich locker, gelassen. Dass er überhaupt hier war zeigte schon zu viel von seinen Gefühlen, egal wie sehr er sie verdrängte.
„Das war das mindeste, das ich tun konnte“, antwortete er ebenso ernst, setzte dann aber sein typisches, charmantes Lächeln auf. „Ich konnte dich unmöglich so in der Gasse liegen lassen, geschweige denn Verbluten lassen.“
Obwohl er lächelte klang seine Stimme ein wenig bitter, fast schon ein wenig traurig.
„Umso mehr beruhigt es mich zu sehen, dass du zumindest körperlich auf dem Weg der Besserung bist.“

"Danke." Erwiderte sie trocken, während sie ihm ein bitteres Lächeln schenkte.
"Laut der Heilerin sollte ich morgen, spätestens übermorgen wieder auf den Damm sein und dann... Tja."
Ja, was wäre dann? Rhea hatte ihr nicht nur ihren Beruf genommen, sondern auch noch ihr Zuhause und den einzigen Menschen der ihr jemals nahe stand.

„Das klingt doch schon Mal nicht schlecht.“ Sein Blick ging für einen Augenblick ins Leere, er schien tief in Gedanken.
„Musst du die Gilde sofort verlassen, sobald du gesund bist?“
Er wusste, dass Amila und Emir noch eine Weile in der Stadt bleiben würden, selbst wenn er sich von ihnen los sagte. Aber was würde dann mit Nox passieren? Würde Emir sie suchen und beenden wollen, was er gestartet hatte?

Sie nickte stumm, und merkte wie ihr wieder zum Weinen zumute war. Sie drehte ihren Kopf weg, vermied es ihn anzusehen. Niemand sollte Nox weinen sehen - wobei Nox jetzt auch nicht mehr war. Sie war kein Teil der Gilde mehr. Aber wer war sie dann noch?
Eris, ein Mädchen das verzweifelt nach der Anerkennung ihrer Mutter schrie und nichts anderes konnte außer eine kaltblütige Mörderin zu sein?
Ohne Freunde, geschweige denn einen Ort an dem sie zurückkehren konnte? Sie biss sich auf die Lippe, versuchte, die Tränen zurück zu halten. Weinen würde eh nichts ändern.

Arion lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. So sehr sie sich bemühte, sich ihren Schmerz nicht ansehen zu lassen, so konnte er ihn doch genau spüren. Und doch gab es andere Dinge, die ihm mehr Sorgen bereiteten.
„Und es besteht keine Möglichkeit, es hinaus zu zögern?“, hakte er nach, auch wenn er wusste, dass es die Wunden nur vertiefen würde. Deshalb fuhr er direkt fort. „Ich denke du solltest wissen, dass Emir noch eine Weile hier ist… und die Gefahr besteht, dass er dich suchen wird.“
Er seufzte und erwischte sich bei dem Gedanken, dass es ihm wirklich lieber wäre, wenn sie noch eine Weile hier bleiben würde. In Sicherheit. Zumindest so lange, bis Emir fort war oder zumindest aufgegeben hatte, sie jagen zu wollen.

Nox, Eris oder wer auch immer sie jetzt war lachte bitter.
"Soll er doch." Erwiderte sie, ihre Stimme zitterte Soll er sie doch suchen und es zuende bringen.
Sie atmete tief ein, versuchte die Fassung zu bewahren. "Ich... Ich will dir nicht weiter die Ohren Vollweinen. Das du überhaupt gekommen bist um nach mir zu sehen ehrt mich." Erneut lachte sie leise. "Obwohl ich eigentlich nicht wollte das du mich so erbärmlich siehst."
Das letzte war eher ein leises Flüstern zu sich selbst, und sie hoffte das er das nicht gehört hatte.

„Ist schon in Ordnung“, antwortete er sanft, rührte sich aber nicht vom Fleck. „Ich weiß selbst nur zu gut wie es ist, das Zuhause zu verlieren.“
Er lachte leise und erhob sich dann.
„Falls du auf der Suche nach Geleitschutz bist, ich bin auf der Suche nach einem neuen Auftrag.“ Mit einem frechen Grinsen erhob er sich schließlich doch vom Stuhl. „Und für eine hübsche Frau wie dich mache ich auch gerne einen Sonderpreis.“

Nox brauchte einige Sekunden, um diese Aussage zu verarbeiten - dann lächelte sie ihn an, während sich ihre Augen doch mit Tränen füllten.
"Man gut mir wurde eine königliche Abfindung versprochen." Erwiderte sie. "Ich bin mir sicher das ich dich damit eine Weile bezahlen kann."
Am liebsten würde sie diesen Mann gerade in die Arme fallen - obwohl sie nachwievor ihre Heimat verloren hatte, und der Schmerz von Damon getrennt zu werden immernoch immens groß war... Allein das sie überhaupt jemanden hatte der sich ihrer annehmen wollte machte alles etwas erträglicher; das sie nicht allein irgendwo neu anfangen musste.

Er erwiderte das Lächeln, zufrieden. „Ich bin mir sicher, wir werden uns einig darüber“, er konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen.
„Morgen früh komme ich wieder. Und wenn du morgen noch nicht gehen kannst, dann übermorgen. Komm aber nicht auf die Idee, alleine zu gehen.“
Er zwinkerte ihr kurz zu, ehe er sich verabschiedete und den Raum verließ. Redete sich ein, dass er ihr das Angebot nur gemacht hatte, um sie vor Emir zu beschützen. Oder steckte da doch mehr dahinter? Wie auch immer, er sollte die Augen nach Damon offen halten und ihm Bescheid geben. Der Junge hatte auf ihn den Eindruck gemacht, dass er sich wirklich um Nox sorgte. So könnte er sich wenigstens auf seine eigenen Aufgaben konzentrieren.

Damon saß wieder im Hauptraum der Taverne - er hatte zwischendurch nach Amila sehen lassen, denn obwohl Arion ihr versicherte, das es ihr gut ging, hatte er sich trotzdem Sorgen gemacht - er würde sich über jeden Sorgen machen der freiwillig in der Nähe dieses Dämons blieb, obwohl ihn so ein Gedanke selbst ein bitterer Beigeschmack hinterließ. Immerhin war Arions vernünftig genug um diesen Job hinter sich zu lassen.
Er erblickte diesen schließlich nach einer Weile. Damon war Ares dankbar darüber, das er ihn tolerierte - er musste selbst auch gemerkt haben das sich Nox und Arion sich irgendwo nahe standen, wenngleich die zwei wohl selbst nicht Mal sagen konnten, wie nahe.
Er lächelte den Söldner schließlich an, ein wenig besorgt darüber, was er ihm nun erzählen würde - in seinem Kopf hatte Damon schon angefangen seine Kündigung zu schreiben.
"Hat länger gedauert als ich erwartet habe." Sagte er schließlich, müde grinsend.

Arion erkannte sofort die Sorge in Damons Blick, erwiderte das Lächeln jedoch. „Tja, so ist das nun Mal, wenn man über geschäftliches spricht.“
Er klopfte dem jungen Assassinen auf die Schulter.
„Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich gut um sie“, sagte er schließlich ernster. „Schließlich ist das mein Job als Leibwächter.“

Damon merkte, wie ihn ein Stein vom Herzen fiel - wenngleich er sich auch ein wenig Sorgen machte. Irgendwie waren beide viel zu stur um einzusehen, dass sie sich anscheinend sehr gerne hatten - wieso sonst würde er noch leben und sie auch noch beschützen wollen? Aber das war fürs erste egal - Hauptsache sie war nicht alleine, und Arion wirkte kompetent genug um auf sie aufzupassen. Er grinste ihn an.
"Sag Bescheid wenn sie dich nicht mehr bezahlen kann, ich helfe dann nach."
Er machte eine kurze Pause. "Und ich hatte schon Schiss ich muss selbst kündigen, du hast echt was gut bei mir."

Arion lachte. „Mach dir wegen der Bezahlung keine Sorgen, das kriegen wir schon irgendwie hin.“ Er wurde schlagartig ernster. „Mir ist es nur wichtig sie möglichst schnell und sicher von Emir weg zu bekommen, bevor er wieder auf sie losgeht. Das ist alles.“
Er löste sich von Damon. „Also dann, ich komme morgen früh vorbei um sie abzuholen, wenn sie bereit dazu ist. Jetzt habe ich erst noch Mal etwas anderes zu erledigen.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich und ging wieder in Richtung der Taverne, in der sich die anderen beiden befanden.
Nun musste er nur noch mitteilen, dass er diesen Auftrag abbrach und hoffte inständig, dass vor allem Emir das nicht in den falschen Hals bekommen würde.

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Amila streckte sich und lehnte sich dabei so stark nach hinten, dass ihr Stuhl beinah umgekippt wäre. Es war geschafft! Der Magiesammler im Prinzip fertig, alle Runen waren aufgetragen… Es fehlten nur noch der Katalysator und ein Testlauf. Doch dafür benötigte sie zunächst Emir, dem sie nach dem misslungenen Attentat nicht noch einmal gesehen hatte. Obwohl sie wusste, dass Dämonen relativ schnell heilten, hatte es sie doch überrascht wie schnell das bei ihm ging, seit die Heilerin bei ihm gewesen war.
Ein Klopfen an der Tür ließ sie aufhorchen. Schnell legte sie ein Tuch über den kleinen Magiesammler, ehe sie diese öffnete…
Und Arion vor ihr stand.
„Ist irgendwas passiert?“, fragte sie verwirrt, als sie ihn ins Zimmer herein bat.
Er schüttelte den Kopf. „Nicht direkt“, meinte er. Auf den ersten Blick wirkte er angespannt, aber gleichzeitig hatte sie auch das Gefühl, dass er wieder klarer war als die letzten Tage noch.
Dennoch beobachtete sie ihn und verschränkte die Arme vor der Brust, wartete auf seine Erklärung, ehe er ihr einen Lederbeutel entgegenstreckte, den sie fragend anschaute.
„Es tut mir Leid“, sagte er nur und sah sie dabei ernst an. „Aber ich kann deinen Auftrag nicht mehr ausführen. Das ist der Rest deiner Edelsteine.“
Amila schluckte kurz und nahm ihn dann entgegen, lächelte dann aber sanft. „Verstehe“, antwortete sie und warf einen kurzen Blick in den Beutel.
Sie spürte seinen Blick noch immer auf sich Ruhen. „Du bist nicht sauer?“, fragte er zweifelnd.
Amila schüttelte den Kopf. „Nein, ich hatte schon fast damit gerechnet.“ Ein leicht trauriges Lächeln lag auf ihren Lippen. „Na ja, die Reise ist ja nicht ungefährlich, gerade jetzt wo ein Attentat auf einen von uns ausgeführt wurde. Wer weiß, wann wir selbst zum Ziel werden.“
Arion seufzte entnervt. „Vertraust du ihm immer noch?“
Sie sah ihn fragend an, rollte dann aber mit den Augen. „Geht das schon wieder los? Was hat Emir dir getan, dass du ihm so misstraust.“
„Er ist ein Dämon“, antwortete er knapp, seufzte erneut. „Aber lassen wir die Diskussion. Ich habe dir dein Geld zurückgegeben und werde ab morgen einen neuen Auftrag angehen.“
Allein diese Aussage machte Amila wütend. ‚Er ist ein Dämon‘. Nicht jeder Dämon war automatisch böse, genauso wie nicht jeder Mensch automatisch gut war. Sie verschwieg diese Worte jedoch, ihr war nicht nach Diskussionen. Stattdessen lächelte sie. „Dann wünsche ich dir alles Gute, Arion. Vielleicht sieht man sich irgendwann wieder.“
Er lachte trocken. „Ja vielleicht.“ Mit ernstem Blick streckte er ihr seine Hand entgegen, ein letzter Händedruck bevor sich ihre Wege trennen würden. „Pass aber bitte auf dich auf und bleib vorsichtig in seiner Nähe.“
„Das werde ich“, antwortete sie, auch wenn sie sich sicher war, dass nichts passieren würde. „Und danke noch einmal für das Schwerttraining.“
Er lächelte ihr zum Abschied zu, bevor er ihr Zimmer wieder verließ. Amila ließ sich daraufhin auf ihr Bett sinken, ein mulmiges Gefühl in der Magengegend.

Nachdem Arion den Rabenhof verlassen hatte, wollte Damon eigentlich noch mal nach Nox sehen, nur um festzustellen das sie eingeschlafen war - doch das war erstmal egal, denn jetzt, wo er wusste, das jemand auf sie Acht gab, aufpasste, das sie nicht dummes tat, war er definitiv in besserer Laune und weniger besorgt.
Natürlich, es war immer noch scheiße das die zwei nun getrennt wurden; immerhin waren sie lange Zeit die einzige Familie die sie hatten, und das obwohl sie nicht Mal blutsverwandt waren.
Trotzdem, es war besser so. Das wusste er und er hoffte, dass sie das ebenso wusste. Obwohl sie der Meinung war, ihr Leben nicht anders leben zu können, zu nichts anderes fähig zu sein außer zu morden... Damon wusste das das nicht so war, und hoffte, Arion würde ihr vielleicht sogar helfen das zu erkennen.
Wobei er sich diesbezüglich immer noch etwas Sorgen machte - die zwei schienen sturer zu sein als der andere, aber das war etwas, wo er sich nicht im Recht sah einzumischen.

Da ihn langsam die Langeweile plagte, beschloss er, Nox und seinen Auftrag weiter nachzugehen. Er war beruhigt, das es Amila anscheinend gut ging; er war aber auch nicht sauer auf diesen Emir, welcher Nox so zugerichtet hatte. Letzten Endes hat er sich verteidigt, sein Leben beschützt, und das war nie etwas wofür man jemanden verurteilen sollte.
Außerdem war Damon der letzte, der sich in der Lage sah, jemanden direkt als bösartig zu bezeichnen, nur weil er ein Dämon ist. Klar, Ares fürchtete sich, und Nox hatte ihm davon berichtet wie er einen unschuldigen Menschen übel zugerichtet hatte - aber hieß das automatisch das er böse Ziele verfolgte? Damon erinnerte sich an seine eigene Kindheit, an die Zeit, in der er seine Dämonenseite noch so viel stärker war; an die Menschen die er auf den Gewissen hatte. Doch das hatte ihn nicht zu einem schlechten Menschen gemacht. Und wieso musste es bei diesem Emir genauso sein? Er wollte selbst urteilen, sein eigenes Bild machen - immerhin weiß die Gilde nun das es nicht so einfach ist ihn loszuwerden, wenn selbst Nox daran gescheitert ist.
Also verließ er schließlich die Taverne und machte sich auf den Weg in die Richtung, in der Amila sich zuletzt aufgehalten haben sollte.

Für eine Weile blieb Amila noch auf ihrem Bett sitzen, verarbeitete die Wörter, die sie mit Arion gewechselt hatte. Klar, es war besser für sie wenn er nicht mehr dabei war – auch für ihn. Auch wenn sie ihm nichts von ihrem Plan erzählt hatte, hatte sie irgendwie den Eindruck… nein vielmehr das Gefühl, dass er genau wusste, was sie vorhatte. Vielleicht hätte sie ihm nichts davon erzählen sollen, dass sie die Todesstrafe erwarten könnte… Ein wenig unwohl ist ihr bei dem Gedanken selbst, gleichzeitig wusste sie aber auch, dass sie weiter musste. Dass es momentan keinen anderen Weg gab, keinen anderen Faden, an dem sie sich festhalten konnte. Der letzte Blutmond war nun etwa einen Monat her, das heißt es dürfte bald wieder einer kommen. Ob ihre Narbe dieses Mal wohl wieder stärker schmerzen würde?
Sie seufzte schwer und stand schließlich auf, nahm ein bisschen was von den restlichen Münzen die sie noch hatte. Auch wenn sie einen Teil ihrer Edelsteine zurückhatte, war ihr klar dass sie diese bei Gelegenheit gegen Geld eintauschen musste. Zumindest einen Teil davon. Mittlerweile hatte sie begriffen, dass Edelsteine und Schmuck als Bezahlung viel zu auffällig waren oder vielmehr zu sehr auf ihre Herkunft schließen ließen. Gerade nach dem was sie plante konnte sie das nicht riskieren. Und sie benötigte unbedingt noch wärmere Kleidung.
Kurze Zeit später fand sie sich im Schankraum wieder, der wie gewohnt laut war, wenngleich er nicht annähernd so gut gefällt war wie die letzten Tage. Dabei erwischte sie sich auch, wie sie ihre Augen nach Arion offen hielt, obwohl sie mitbekommen hatte, wie er seine Sachen gepackt und die Taverne verlassen hatte.
„Dass ich mich so schnell an einen Söldner gewöhnen würde“, murmelte sie und suchte sich einen etwas abgelegenen freien Platz, nachdem sie beim Wirt eine kleine Mahlzeit bestellt hatte.
Den Blick aus einem der Fenster gerichtet spürte sie wieder eine leichte Melancholie in sich aufsteigen, während sie ihre Gedanken schweifen ließ. Die Zeit in Asteria fühlte sich irgendwie wie ein Traum an, aus dem sie bald erwachen würde. Langsam sollten sie sich Gedanken machen, wie es weiter ging. Schließlich war ihr Gerät fertig gestellt, nach dem nächsten Blutmond sollten sie also schauen, ob es funktioniert oder nicht…
Tief in Gedanken ignorierte sie, wie sich die Tür immer wieder öffnete und schloss, ignorierte neue Besucher oder solche, die den Ort verließen. Ebenso die Person, die sich geradewegs auf sie zu bewegte.

"Ist hier noch frei?" Fragte Damon frech grinsend, als er Amila im Schankraum der Taverne vorfand - obwohl er sich unsicher war, wie sie auf ihn reagieren würde, immerhin wurde kurz nach ihren Aufeinandertreffen ihr Begleiter verletzt, mit der Absicht ihn umzubringen.
Trotzdem, Damon wollte mit ihr reden - und versichern das zumindest er nichts damit zutun hatte.

Sie zuckte leicht zusammen, als sie plötzlich von der Seite angesprochen wurde und die Stimme nicht sofort zuordnen konnte. Bereit die Person weg zu schicken wendete sie ihren Blick und sah direkt in Damons verbliebenes Auge. Einerseits erleichtert, andererseits genervt seufzte sie.
„Du bist die letzte Person mit der ich gerechnet habe“, murmelte sie und bedeutete ihm sich zu setzen. „Was machst du eigentlich hier?“
Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, ging ein wenig in Abwehrhaltung. Noch wusste sie nicht, ob sie ihm wirklich vertrauen konnte, gerade auch nach dem Attentat auf Emir. Auch wenn ihr ihr Gefühl immer noch sagte, dass er nicht der Täter gewesen sein konnte, suchte sie unauffällig nach einer möglichen Wunde. Dass sie zumindest in seinem Gesicht nichts erkannte, verursachte in ihr ein wenig Erleichterung.

"Also, eigentlich existiert dieser Auftrag euch im Auge zu behalten immer noch."
Er bemerkte ihren suchenden Blick und lächelte entschuldigend.
"Und ich.. wollte nochmal sichergestellt haben das ich mit den Attentat nichts zutun habe, ich wusste nicht Mal davon. Auch wenn es definitiv aus unseren Reihen kommt."
Er hoffte, dass sie ihm glaubte - klar, es war eigentlich unterlassen, sich mit Zielen einzulassen, aber Damon hatte schon immer auf Regeln geschissen, hatte seinen Status als "Wolfsjunge" mehr oder minder bewusst ausgenutzt. Und irgendwie hatte er bei Amila ein Gefühl, eine Ahnung - immerhin war sie eine Prinzessin, vielleicht könnte er ihr die Ungerechtigkeit dieser Welt klar machen, und sie wäre endlich Mal in der Lage daran was zu ändern. Zumindest hoffte er das - aber alles was er bisher von ihr wusste deuteten zumindest daraufhin das sie kein schlechter Mensch war.

Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an. Und dann kam er direkt zu ihr um mit ihr zu reden? Eigentlich hatte sie mehr gehört, dass Assassinen eher im Verborgenen Arbeiten. Sie seufzte.
„Also wirklich, langsam verstehe ich warum du dich als ‚schlechter Assassine‘ bezeichnet hast“, meinte sie und klang dabei leicht amüsiert. „Es beruhigt mich irgendwie, dass du unschuldig bist. Geht es der Person gut, die das Attentat versucht hat?“
Sie erwartete nicht, dass er ihr einen Namen nannte – wollte es auch gar nicht. Nachdem sie nur festgestellt hatte, dass das Blut im Flur nicht von Emir stammte hielt sie diese Frage für angebracht. Vielleicht wollte sie auch im Hinterkopf einfach nur eine Bestätigung, dass Emir nicht getötet hatte, selbst wenn es Notwehr war. Sie wollte es einfach nicht glauben, dass er wirklich diese Art Dämon war, der Menschen bewusst tötete und verspeiste. Wollte ihm in dieser Hinsicht wirklich glauben – so wie sie Damon hier direkt glaubte, dass er nichts getan hatte. So komisch es auch war, bei ihm hatte sie das Gefühl dass er in dieser Hinsicht wirklich ehrlich zu ihr war.

Erst sah er sie perplex an, fing dann aber an zu lachen.
"Du bist echt komisch, weißt du das? Jemand versucht deinen Freund umzubringen und du fragst ob es dieser Person gut geht."
Er wischte sich eine aufkommende Träne aus dem Auge.
"Aber ja, dieser Person geht es zumindest körperlich soweit gut." Er lächelte, und musste unweigerlich an den bevorstehenden Abschied denken.
"Ich hoffe, dem Jungen hat es nicht allzu sehr erwischt?"

Sie spürte, wie ihr doch ein wenig Röte ins Gesicht schoss.
„Emir geht es so weit gut“, antwortete sie. „Die Wunden sind recht schnell verheilt.“
Kurz hüllte sie sich in Schweigen, dann suchte sie wieder seinen Blick.
„Du bist aber auch nicht weniger komisch“, meinte sie schließlich zögerlich. „Nennst dich Assassine, plauderst aber munter mit der Person, die du eigentlich beschatten sollst, als wäre es das Normalste der Welt.“

Er grinste.
"Na ja streng genommen soll ich eigentlich den Jungen beschatten." Erwiderte er. "Aber ich finde dich gerade um einiges interessanter."
Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und lehnte sich zurück.
"Außerdem hab ich ein paar besondere Privilegien die ich hin und wieder gerne ausnutze. Und das ich ein ziemlich mieser Assassine bin habe ich ja schon erzählt."