Central Hell Goddess 2

Sie atmete erleichtert aus, ehe sie mit einem breiten Grinsen zum Altar ging. "Da du erst seit kurzem hier bist, weißt du natürlich nicht, wo wir hier sind." Vor dem Altar blieb sie stehen und wischte mit einer Hand Ruß und Staub davon. "Aber das hier... war eine Kirche der Religion des Papstes. Hier haben sie von einer Welt ohne Magie gepredigt und alle Anhänger gegen Magier aufgestachelt." Sie ging hinter den Altar und blickte von seiner Seite in die Richtung des Dämons, überlegte dabei wie sie die Geschichte erzählen konnte, ohne zu viel über sich zu verraten.
"Mir wurde erzählt, dass die Magie zu der Zeit immer schwächer wurde, sodass selbst einige ehemals mächtige Magierfamilien langsam ihre Kraft verloren." Sie räusperte sich. "Nun, ich bezweifle dass dich diese Details interessieren. Wie auch immer, irgendwann stellte sich heraus dass die Schwächung der Magie wohl keinen natürlichen Ursprung hatte." Ihr Grinsen wurde noch breiter, fast schon triumphierend. "Der Papst hatte eine Maschine entwickelt, die in der Lage war Magie zu absorbieren und in einem Katalysator zu bündeln, mit dessen Hilfe der Papst immer mächtiger -die normalen Menschen jedoch immer schwächer wurden."
Sie machte eine theatralische Pause, wie Liam es in solchen Momenten gerne tat. "Wenn wir also einen Weg finden, diese Maschinen nachzubauen - und wenn es auch nur in verkleinerter Form ist - hätten wir vielleicht eine Möglichkeit deine Magie wiederherzustellen."

"Unsere Begegnung muss Schicksal gewesen sein." antwortete ihr, während er sich hochachtungsvoll vor ihr verbeugte. Natürlich. Ethan musste damals irgendwie an all die Magie gekommen sein, ansonsten wäre ein Fluch so mächtig niemals möglich gewesen.
"Erlaubt mir diese egoistische Bitte, aber - wärt ihr gewillt, mich bei der Suche und bei dem Wiederherstellen meiner Kräfte zu unterstützen? Einen so geistreichen Verstand wir euren an meiner Seite zu wissen würde mir diese Aufgabe gewiss erleichtern."

Amila erstarrte für einen Augenblick. Hatte sie sich eben verhört? Hatte er sie eben tatsächlich... geistreich genannt? Bat er sie wirklich um Hilfe? Mit einem Mal waren ihre ständigen Zweifel so weit in den Hintergrund gerückt, dass nur noch wahre Freude, gemischt mit ein wenig Stolz, zurück geblieben war. Es war dieses Gefühl, dass sie unter normalen Menschen hatte, aber nie von ihrer Familie oder allgemein in Adelskreisen bekommen hatte. Immer hatte man sie nur belächelt oder für "wahnsinnig" erklärt. Allein die Tatsache, dass er ihren Erzählungen zugehört und geglaubt hatte...
Sie schluckte ihre Freude darüber herunter und besann sich noch einmal. Immerhin hatte sie es mit einem Dämonen zu tun. Mit einem Mal kamen ihr Liams Worte in den Sinn. "Tue nie etwas, ohne eine Gegenleistung" oder so ähnlich. Das hatte er so oft zu ihr gesagt und so sehr sie von diesen Worten immer genervt war, so fühlte sie, dass es in diesem Moment das richtige war. Sie atmete tief ein und lächelte dann.
"Es ehrt mich, dass Ihr so von mir denkt", sagte sie schließlich. "Ich wäre bereit Euch zu helfen, allerdings..." Sie schloss kurz die Augen und überlegte, wie Liam wohl in so einer Situation reagiert hätte. "Hätte ich gerne eine Gegenleistung dafür. Was könnt Ihr mir dafür anbieten, dass ich Euch helfe, Eure Magie wiederherzustellen?"

Natürlich. So einfach würde es wohl doch nicht werden wie er sich gehofft hatte.
"Seht mich an", antwortete er schließlich. "Was soll so jemand wie ich euch anbieten können? Ich habe weder Reich-, noch andere Besitztümer. Selbst Macht besitzte ich kaum noch mehr."
Er machte eine resignierte Geste.
"Sagt mir, wonach euch strebt, und ich werde sehen wie ich euch dabei helfen kann."

"Das ist wohl wahr", murmelte sie und überlegte. Sollte sie mit offenen Karten spielen und ihr zumindest von ihrer Seite erzählen? Nein, es wäre ein Fehler ihm jetzt schon ihre Schwächen zu verraten. Noch wusste sie nicht sicher, ob sie ihm wirklich trauen konnte oder nicht. Doch dann bekam sie eine Idee.
"Nun gut, dann habe ich einen Vorschlag", sie klopfte kurz auf den Altar. "Die Magiesammler funktionieren möglicherweise ohnehin nur in der Nähe von magischen Ursprungspunkten. Wir haben zwar einen hier in der Stadt, aber es wäre blanker Selbstmord diesen zu nutzen. Außerdem werde ich erst irgendwelche Baupläne benötigen, es ist eher unwahrscheinlich dass wir noch einen intakten Magiesammler finden." Genau genommen würde man sowas sehr wahrscheinlich nur im Erdreich finden und abgesehen von der Entfernung wäre es für sie sehr wahrscheinlich unnötig, dieses überhaupt zu betreten.
Erneut begann sie zu lächeln. "Ich habe einen Vorschlag. Wir suchen erst einmal nach einer Art Bauplan und einen geeigneten Ursprungspunkt. Bis dahin finden wir bestimmt eine mögliche Gegenleistung." Sie wusste insgeheim, dass Liam den Deal auf diese Art hätte platzen lassen. Doch Amila konnte nicht anders, vor ihr stand möglicherweise die Lösung für ihre Probleme, sie konnte es nicht einfach so ins leere verlaufen lassen.

"Eure Güte ehrt mich, Teuerste." antwortete er. "Ich schwöre euch, sollte es etwas geben was ihr von mir verlangt, so werde ich alles in meiner Macht stehende tun um euch dies zu ermöglichen."
Er ging einen Schritt auf sie zu und hielt seine Hand hin.
"Mein Name ist übrigens Emir."

Erst jetzt bemerkte sie, dass sie sich noch nicht vorgestellt hatte. Nun, war jetzt wohl auch egal. Sie hatte ihre Vergangenheit als Prinzessin ohnehin hinter sich lassen wollen - wenn auch nur für's Erste.
"Ich nehme dich beim Wort, Emir", sagte sie schließlich und ergriff lächelnd seine Hand. "Ich heiße Amila, du kannst mich aber ruhig Ami nennen. Auf gute Zusammenarbeit!"

Liam war sich sicher, es würde einige Zeit brauchen bis er sich an die eisigen Temperaturen gewöhnen würde.
Es waren erst wenige Stunden vergangen seit er mit seiner Mutter ins Wasserreich gereist war, und der junge Prinz konnte es jetzt schon nicht mehr erwarten, wieder in das wärmere Windreich zurückzukehren.
Natürlich, der Empfang war angemessen, und er verstand auch die politische Wichtigkeit hinter diesem Besuch, und doch kam er nicht darum froh darüber zu sein, das Wasserreich nicht so schnell wieder besuchen zu müssen.
Der Thronfolger saß gelangweilt in einem kleinen Salon, an den man ihn direkt nach seiner Ankunft platziert hatte. Seine Mutter war in Gesprächen mit dem hiesigen König verwickelt gewesen – es überraschte ihn, dass er als künftiger Herrscher nicht teilnehmen durfte.
Seine Mutter meinte zwar, es wäre eine gute Gelegenheit, seine Verlobte kennen zu lernen, und doch wusste Liam das es am Ende nur eine faule Ausrede war, was ihn ärgerte.
Wozu soll er sie weiter kennen lernen? Das was er von ihr wusste, schien angemessen genug um als Königin an seiner Seite zu regieren. Und da er eh von Anfang an kein Mitspracherecht in dieser Vermählung hatte, sah er dieses erzwungene Kennenlernen als unnötig.
Das würde keine Ehe aus Liebe werden, sondern aus Pflicht. So wie alles in seinem Leben bisher aus Pflicht passierte.
Er seufze leise und rieb sich die Schläfen. Wenn sie wenigstens bald auftauchen würde, damit er das hinter sich bringen konnte...

Schnellen Schrittes lief Aimee in Richtung es Salons, in dem ihr Verlobter sie bereits erwartete. Sie waren früher angekommen, als sie angenommen hatte, sonst hätte sie ihren Lehrer schon viel schneller weg geschickt um sich voll und ganz auf ihn zu konzentrieren. Hätte ihr Vater nicht einen Diener zu ihr geschickt, wäre sie vermutlich immer noch mit ihren Studien beschäftigt.
Ihre Schritte hallten leise von den Wänden, die genauso wie so ziemlich alles in diesem Schloss aus Eis geschaffen waren. Teilweise mit Magie jedoch so verfärbt, dass es in unterschiedlichen blau- und türkistönen schimmerte. Im Augenwinkel bemerkte die junge Prinzessin einen Spiegel, vor dem sie kurz stehen blieb. Ihre Verspätung war schon schlimm genug, da sollte sie wenigstens ordentlich aussehen. Mit geübten Griffen richtete sie ihr Haar, ehe sie zum wohl hundertsten Mal an ihre Dienerinnen richtete, die ihr folgen. "Habt ihr den Tee und das Gebäck?", wollte sie wissen.
Die Dienerinnen tauschten einen kurzen Blick, Aimee glaubte in ihren Augen zu sehen, dass sie von ihren Fragen genervt waren. "Es ist alles vorbereitet, Prinzessin", sagte schließlich eine von ihnen.
"Sehr gut", Aimee klatschte in die Hände, ging dann die letzten Schritte zur Tür des Salons, vor dem sie noch einmal kurz stehen blieb. Ihr Herz schlug wie wild. Wie lange war es her, dass sie Liam das letzte Mal gesehen hatte? Mit einem Lächeln versuchte sie ihre Freude im Zaum zu halten, ehe sie vorsichtig klopfte an der Tür klopfte.
"Entschuldige bitte die Verspätung", sagte sie entschuldigend, als sie den Raum betrat. "Ich hatte nicht so früh mit euch gerechnet, sonst hätte ich meine Studien schon längst beendet." Sie winkte die Dienerinnen herein. "Dafür habe ich Tee vorbereiten lassen."

Rasch schon Liam seine negativen Gedanken beiseite und setzte sein charmantestes Lächeln auf, Ehe die Tür aufging und seine Verlobte, Prinzessin Aimee den Salon betritt.
Sofort erhob sich der junge Prinz und trat einen Schritt auf sie zu.
"Das wäre doch nicht nötig gewesen." Sagte er schließlich und gab dem blauhaarigen Mädchen einen Handkuss.
"Zudem es mir nichts ausmacht, auf euch zu warten, Verehrteste, selbst wenn es sich um eine Ewigkeit handeln würde."
Er musterte sie unauffällig. Obwohl sie nicht gänzlich sein Typ Frau gewesen war, konnte er sich dennoch glücklich schätzen, dachte er sich. Prinzessin Aimee war äußerst hübsch, mit ihren großen, blauen Augen, dichten Wimpern und langem, eisblauen Haar. Ihre Statur war zierlich, fast schon gebrechlich gewesen. Zudem war sie gut erzogen und eine begabte Magierin - Liam hätte es definitiv schlechter treffen können. Und trotzdem fragte er sich jedes Mal, wenn er sie sah, ob er sich jemals normal hätte verliehen können, wenn sie nicht von Anfang an seine Pflicht gewesen wäre.

Überschwingliche Freude breitete sich in Aimee aus, die sie jedoch gut zu verstecken wusste. Zwar waren sie verlobt, dennoch wusste sie wie unangebracht es war, wie ein aufgescheuchtes, wildes Huhn um einen Mann wie Liam herum zu tanzen. Zumal sie von Dienerinnen umringt waren. Nein, es gehörte zur Etikette, dass sie sich zurück hielt. Dennoch setzte sie ein sanftes, freundliches, fast schon mütterliches Lächeln auf.
"Ihr schmeichelt mir, Liam." Während die Dienerinnen die mitgebrachten Dinge auf dem Tisch anrichteten. "Trotzdem möchte ich keine schlechte Gastgeberin sein. Bei Euch herrscht doch momentan Sommer? Da muss die Kälte Euch doch sehr zusetzen." Sie bedeutete ihm sich zu setzen, während eine der Dienerinnen den noch dampfenden Tee in zwei Tassen füllte, ehe auch sie sich niederließ.

Liam ließ sich ebenfalls nieder, bedankte sich noch höflich bei den Dienerinnen, ehe er die noch heiße Tasse nahm und einen Schluck nahm. Er war dankbar über diese Aufwärmung gewesen; er hatte das Gefühl, seine Innereien ansonsten jederzeit einfrieren würden.
"Ich müsste lügen wenn ich das Gegenteil behaupten wollte.", Antwortete er schließlich und setzte die Tasse ab. "Doch das ist es mir wert, schließlich kann ich euch endlich wiederzusehen." Er setzte erneut ein charmtes Lächeln auf.
"Wenngleich ich mich auch Frage was der eigentliche Grund für unseren Besuch ist. So kurzfristig ein Aufenthalt in ein anderes Reich bedeutete in der Vergangenheit selten etwas gutes."

Aimee bedankte sich ebenfalls bei den Dienerinnen und bedeutete ihnen dann, den Raum zu verlassen. Diese verbeugten sich knapp und beeilten sich dann. Erst als sich die Tür geschlossen hatte, wandte sie sich wieder Liam zu.
"Um ehrlich zu sein", sagte sie leise. "Weiß ich auch nicht genau warum Ihr hier seid." Sie seufzte und schaute gedankenverloren in ihre Tasse, betrachtete die rotbraune Brühe, die sich darin befand. "Aber ich glaube Vater wollte mit Königin Lumeia über die aufkeimenden Unruhen in unserem Reich reden." Sie nahm einen Schluck und lächelte dann entschuldigend. "Ich befürchte, mehr kann ich Euch auf Eure Frage leider auch nicht antworten."

Aufkommende Unruhen...? Liam grübelte. Wenn seine Mutter davon wusste, und das tat sie, sonst hätte sie diesen Besuch nicht unternommen, wieso sprach sie nicht mit ihm? Zudem der Prinz nicht davon ausging das es sich um eine Kleinigkeit halten konnte - Staatsbesuche kamen seit dem letzten Krieg nur noch selten vor, da die Herrscher mit ihren eigenen Reichen viel zu beschäftigt waren. Es musste sich also um etwas dringendes handeln, sonst hätte der hiesige König seine Mutter gewiss nicht hergeordert.
Der Gedanke daran beunruhigte und verärgerte ihn zugleich. Als zukünftiger Herrscher wäre es eigentlich nur mehr als angemessen wenn er, sowohl als auch Prinzessin Aimee, welche an seiner Seite regieren sollte, eingeweiht wurden.
Er merkte das er zu tief in seinen Gedanken gewesen war als er Aimees besorgten Blick auf sich spürte.
"Verzeiht", sagte er schließlich. "Da treffen wir uns endlich wieder und ich habe nur die Politik im Sinn." Er lächelte. "Ich hoffe ihr könnt eurem Zukünftigen dieses rüpelhafte nochmal vergeben. Wie läuft es aktuell mit euren Studien?"

"Macht Euch keine Gedanken", antwortete Aimee mit einem Lächeln. Sie mochte seinen Gesichtsausdruck, wenn er so tief in Gedanken versank. "Mit meinen Studien geht es gut voran", beantwortete sie schließlich seine Frage, während sie einen Finger über den Rand ihrer Tasse kreisen ließ. "Momentan versuche ich die Eismagie besser zu beherrschen um für Notfälle besser gewappnet zu sein. Man weiß ja nie, wann gewisse Gruppierungen angreifen." Ihr Ton war mit einem Mal ernst, fast schon düster geworden. Sie bekam zwar nicht allzu viel momentan mit, da sie momentan sehr stark damit beschäftigt war, sich auf ihre Ehe mit Liam vorzubereiten - schließlich wollte sie ihm eine gute Ehefrau sein. Aber was sie wusste, genügte ihr um zu wissen, dass sie auch in der Lage sein musste, sich selbst zu verteidigen.
Schließlich setzte sie wieder ein freundliches Lächeln auf. "Und wie sieht es bei Euch aus? Ihr beschäftigt Euch doch mit Alchemie, habt Ihr da in letzter Zeit etwas interessantes zusammen gestellt?"

Liam schüttelte den Kopf.
"Ich fürchte ich habe das Thema in letzter Zeit ein wenig vernachlässigt. Ich Forsche zwar immer noch an einigen Dingen, aber der wirkliche Durchbruch mag nicht so Recht gelingen." Er lächelte, fast ein wenig bitter. Alchemie war ein Hobby welches er sich angeeignet hatte, wenngleich er sich nicht Mal sicher war ob er es überhaupt genoss, geschweige denn irgendeine Freude daran fand. Er hatte anscheinend seit Kindheitstagen schon ein gewisses Talent dafür gehabt, welches natürlich gefördert werden musste. Und seitdem war es irgendwie Teil seines Lebens geworden - manchmal versuchte Liam sich sogar einzureden er würde Spaß daran haben, obwohl er schon lange nicht mehr wusste woran er überhaupt Spaß hatte.
Zwischenzeitlich kam es ihm so vor als würde er das Leben eines anderen Leben - als wäre da diese eine, vorbestimmte Rolle die von irgendjemanden zwanghaft gefüllt werden musste, und Liam war zufällig der Idiot gewesen der nie widersprochen hatte. Immer, wenn er Aimee ansah, welche nachwievor höflich und neugierig und fast schon perfekt vor ihm saß, erinnerte sie ihn daran. Zum Glück kam es in der Vergangenheit nicht so häufig vor. Doch wie soll das in Zukunft werden? Wenn er sie jeden Tag sehen würde? Seine Mutter hatte ihn zwar gesagt man würde einenander automatisch lieben, doch was wenn dem nicht so war? Wie auch, wenn sie beide hier saßen und nachwievor ihren perfekt einstudierten Small Talk hielten, ohne dabei zu zeigen wer sie wirklich waren?
"Was haltet ihr eigentlich davon..." Liam zögerte. Er war sich nicht sicher ob das eine gute Idee war, aber er wusste, diese aufgesetzte Höflichkeit würde ihn irgendwann in den Wahnsinn treiben. "Was haltet ihr eigentlich davon wenn wir diese Höflichkeiten erstmal beiseite schieben? Zumindest wenn wir unter uns sind." Er lächelte, charmant, ohne ein Anzeichen über seine vorherige Gedankenwelt. "Ich würde es begrüßen, wenn wir vielleicht mit dem Du anfangen, wenn wir wahrscheinlich schon sehr bald heiraten werden."

Aimee zögerte kurz mit einer Antwort, wenngleich es sie glücklich schätzte, dass er diesen Schritt vorgeschlagen hatte. Sie hatte sich selbst immer wieder gesagt, wie wichtig es war, Liam mit Höflichkeit entgegen zu kommen. Wenn sie ihn schon heiraten sollte, würde sie ihn nicht im Voraus schon verärgern wollen. Umso mehr schätzte es sie glücklich, dass er diesen Schritt nun tat, zu dem sie selbst sich nicht getraut hatte.
"Da habt Ihr...", sie räusperte sich kurz, "Da hast du natürlich Recht. Dieses steife Gerede wird auf Dauer ohnehin anstrengend." Sie lachte leise. "Bei öffentlichen Veranstaltungen ist es schon anstrengend genug, diese Höflichkeit aufrecht zu halten, findest du nicht?"
Still frage sie sich, ob sie nicht trotzdem immer noch zu "steif" agierte. Es fiel ihr manchmal schwer, von der Etikette abzulassen, selbst wenn sie alleine war. Zu oft hatte sie diese Rolle als seine zukünftige Königin geübt, sich darauf konzentriert die perfekte Braut zu sein. Niemand hatte es konkret von ihr verlangt, sie hatte es sich schlichtweg selbst auferlegt. Auch wenn sie sich selbst nicht sicher war, ob sie das wirklich durchgehend aufrecht erhalten konnte.

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Nachdem sie sich eine Weile unterhalten hatten, der Tee den die Dienerinnen in Kannen gebracht hatten war bereits abgekühlt und ziemlich aufgebraucht, kam Aimee schließlich eine Idee. "Es ist doch schon eine Weile her, dass du zu Besuch warst", sagte sie lächelnd und stellte ihre gerade geleerte Tasse ab. "Wie wäre es, wenn ich dir die Stadt ein wenig zeige? Ich bin mir sicher, wir finden ein paar Soldaten die Zeit haben uns zu begleiten."

Ein wenig überrascht, aber auch dankbar über den Vorschlag nickte Liam, mit einem Lächeln im Gesicht.
Es war früher Nachmittag gewesen, demnach noch genug Zeit für einen Ausflug.
"Liebend gerne." Antwortete er. "Es ist so lange her gewesen, ich kann mich gar nicht genau erinnern, fürchte ich." Er lachte. Ein Ausflug würde gut tun, dachte er sich. Zudem er die hiesige Architektur sehr beeindruckend fand - oder zumindest das, was ihn davon in Erinnerung blieb.
Das Wasserreich war noch viel mehr auf Magie Berufen als seine eigene Heimat; angeblich wurden ganze Städte auf Grundlagen von Magie und Eis zusammengehalten.
Er wartete schließlich bis seine Verlobte einige wenige Soldaten angeheuert hatte, Ehe die beiden sich aufmachten.

Aimee konnte nicht anders, als sich über seine Antwort zu freuen, auch wenn man ihr diese überschwängliche Freude nicht direkt ansah. So bat sie direkt ihre Dienerinnen darum, ein paar Soldaten zu sammeln, die sie begleiten würden - ebenso um warme Mäntel und Schals, insbesondere für Liam der diese Temperaturen nicht gewöhnt war. Zwar war es in den "Sommermonaten" hier im Wasserreich auch ein wenig wärmer, allerdings lagen die Temperaturen selbst in der Zeit selten über dem Gefrierpunkt.
Als sie so also für die Kälte ausgestattet waren und sich einige Soldaten gefunden hatten, die sie begleiten würden, verließen sie schließlich das Schloss und begannen ihre kleine Runde durch die Hauptstadt des Wasserreiches.

Obwohl sowohl Artill als auch Winderia eine ähnlich große Landmasse besaßen, besaß Artill die größeren Städte, was nicht zuletzt daran lag, dass es in der Wüste aus Schnee und Eis wesentlich schwerer war Gebiete zu finden, an denen man gut leben konnte. Auch wenn Aimee sich sehr sicher war, dass es bestimmt einige vergessene Orte gab, die mit der Zeit wegen Wetterphänomenen oder Dämonenangriffen verlassen worden waren. Dennoch war es vor allem auffällig, dass die Hauptstadt des Wasserreiches wesentlich weitläufiger und größer war, als Liams Heimat es war.
Sie folgten zunächst einem Fluss, der vom Schloss aus die Prachtstraße herab die Stadt entlang Floss, ehe er irgendwo unterhalb der Stadtmauer seinen Weg weiter durch die Wildnis führte. Obwohl es ein fließendes Gewässer war, so kam es doch vor, dass die Seiten des Flusses an besonders kalten Tagen auch gefrieren konnten, da er jedoch auch für Handel genutzt wurde - was die vielen Stege zeigte - wurde er zusätzlich mit Magie daran gehindert, allzu sehr einzufrieren. Umringt wurde der Fluss von einer hohen Mauer die aus hellem Stein gefertigt war. Es war eine der wenigen Mauern, die man bewusst nicht aus Eis gefertigt hatte um dem einfrieren des Flusses vorzubeugen. In regelmäßigen Abständen erkannte man Brücken die über ihn hinweg führten und beide Seiten der Stadt miteinander verbanden. Besonders auffällig waren hierbei die vielen Eisskulpturen, in die man auf magische Art auch Lichtquellen eingebracht hatte, wodurch selbst bei starkem Schneefall immer ein sanftes Leuchten über der Stadt lag.
Da es in Artill jedoch fast ausschließlich Schnee und Eis gab, außer in den südlichen Gefilden in denen es doch etwas wärmer war, gab es auch in der Stadt nur wenige Parkanlagen und wenn, dann hatten viele Eiskünstler versucht, mit Hilfe ihrer Magie Blumen und Bäume aus Eis zu schaffen. Wege erkannte man häufig daran, dass man auf diese Art der Magie verzichtet hatte, da es trotz allem schwer war, diese Wege nicht glatt zu gestalten.
Nachdem sie die Prachtstraße verlassen hatten, führte Aimee Liam zu einem der alten Tempel, um die herum die Stadt gebaut wurde. "Wie du weißt, gibt es hier immer noch einige Menschen, die an die alte Religion glauben", erklärte Aimee, als sie vor dem Gebäude stehen blieben, das fast ausschließlich aus Eis geschaffen worden war. Anders als bei neueren Bauten, bei denen man doch darauf achtete, sie schlichtweg mit Eis zu überziehen während die Basis doch aus Stein erschaffen war, konnte man hier dadurch auch bei genauere Betrachtung in das Gebäude hinein schauen.
Beim Portal des alten Tempels wurden sie von zwei großen Eisstatuen begrüßt, die allerdings ein wenig verwittert zu sein schienen. Einige Menschen mit dicken Beuteln von Werkzeugen standen um diese herum und überlegten, wie sie diese restaurieren konnten. Nur wenige schenkten ihnen einen kurzen Augenblick Beachtung, ehe sie sich weiter ihrer Arbeit widmeten.
"Mit den Jahren lässt die Magie leider nach", sagte Aimee, "Deshalb bemühen wir uns, die besten Eiskünstler zu finden um diese wieder reparieren zu können, damit die alte Geschichte erhalten bleiben kann." Sie seufzte fast schon melancholisch. "Leider gibt es nur wenige Aufzeichnungen darüber, welcher Gott hier geehrt wurde."

Liam hatte nicht schlecht gestaunt, als Aimee ihn durch die Stadt geführt hatte. Alles an ihr war im wahrsten Sinne magisch - er konnte die Magie regelrecht in seinen Adern pulsieren spüren.
Der Tempel hatte ihn nicht weniger fasziniert. Er hatte vereinzelt Bilder über diese antiken Bauten gesehen, dies aber in echt zu erleben war noch Mal eine Spur gewaltiger.
"Ich habe schon davon gehört", sagte er, fast schon ehrfürchtig. "Es ist wirklich eine Schande wie viel Geschichte uns eigentlich verloren gegangen ist."
Er war ein wenig froh darüber gewesen, dass ihn die Architektur und die Atmosphäre so beeindruckt hatte. Es gab kaum etwas, was Liam noch eine aufrichtige Gefühlsregung abverlangte.
"Angeblich gehört dieser Tempel zum Gott des Wissens" bemerkte plötzlich einer der Soldaten, die die beiden Adeligen begleitet hatten. Liam hatte seinen Namen vergessen. "Verzeiht das ich mich einmische, mein Herr, aber meine Großmutter hat mir das eine oder andere von den alten Göttern erzählt. Ich dachte, das würde euch eventuell interessieren." Anscheinend hatte der Soldat seinen Blick missverstanden, doch Liam winkte ab, charmant lächelnd.
"Nein, nein. Das interessiert mich sehr. Erzählt mir gerne mehr darüber." Antwortete er.
Der Soldat räusperte sich. "Vieles weiß ich leider auch nicht, nur das, was man allgemein so aufschnappt. Mir ist nur das eine oder andere Bildnis gut in Erinnerung geblieben, das ist alles. Und vielleicht die ein oder andere Legende, aber ich möchte euch nicht mit Belanglosigkeiten langweilen."
Liam musterte den Soldat. Er war mittleren Alters gewesen, nicht viel älter als sein Vater, schätze er. Er trug einen Drei-Tage-Bart und sein dunkles Haar zeigte vereinzelte, graue Strähnen.
"Mich würde die ein oder andere Legende sehr wohl interessieren." Antwortete Liam, nachwievor lächelnd. "Ich denke aber das sollten wir an einem anderen Tag nachholen, wenn wir entsprechend Zeit haben. Ich bin mir sicher eure Geschichten sind interessant genug um einen Abend mit ihnen zu füllen."
Der Soldat erwiderte das Lächeln und nickte. "Wie ihr wünscht, mein Herr."

Aimee hatte zunächst schweigsam, mit einem sanften Lächeln zugehört. "Wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich Euch dabei gerne Gesellschaft..." Ihre Worte wurden schlagartig von einer Explosion übertönt. Gefolgt von einer weiteren. Und noch einer. Während eine der frisch restaurierten Eisstatuen nach der anderen explodierte. Eis und Stein splitterten und eine dichte Rauchwolke hüllte die Straße in ein dunkles Licht. Noch während Aimee versuchte zu begreifen was geschah, spürte wie wie sie plötzlich am Arm gepackt und weg gezerrt wurde - ehe unter ihr auf einmal der Boden nachgab. Das laute Gepolter übertönte dabei ihren plötzlichen Schrei. Und dann war da für ein paar Augenblicke nur noch schwarz, als sie das Bewusstsein verlor.

Der Geruch von Staub, in Kombination mit ihren schmerzenden Gliedern ließ sie schließlich langsam aus ihrer Ohnmacht erwachen. Sie spürte den Staub und die Splitter auf ihrem Körper, während sie vorsichtig dagegen anblinzelte. Noch immer benommen setzte sie sich langsam auf, versuchte in der Dunkelheit zu erkennen, wo sie war. Liam. Langsam kam die Erinnerung zurück. Bis eben hatten sie noch vor dem Tempel des Wissens gestanden, als plötzlich...
Erst jetzt bemerkte sie das Gewicht, das auf ihrem linken Arm noch lag, so als hätte sich etwas um sie geklammert, was nun langsam nachließ. "Liam?", fragte sie vorsichtig und drehte sich nach dem Arm um. In der Dunkelheit konnte sie nur gerade so erkennen, was sich neben ihr befand. Ein Arm, der sie bis eben noch fest gehalten hatte. Vergraben unter einem Haufen schwerer Steine, getränkt in das Blut, das durch die Spalten hindurchsickerte. Aimee entfuhr ein kurzer Schrei, als sie begriff, dass jemand, der sie hatte retten wollen, unter den Steinen begraben lag - gestorben, um sie zu beschützen.

„Geht es euch gut, Herr?“ Die besorgte Stimme des Soldaten war das Erste, was Liam knapp vernommen hatte, ehe er langsam wieder zu sich kam. Was war passiert? Gerade eben stand er noch vor dem Tempel, und nun…
Er versuchte, sich aufzuraffen, doch ein stechender Schmerz zog durch seine Gliedmaßen. Einige Schürfwunden brannten auf seiner Haut, und der junge Prinz hustete.
„Kommt, ich helfe euch.“ Erneut der Soldat. Liam warf ihm einen Blick zu – er schien relativ unversehrt, die Rüstung hatte vereinzelte Beulen davon getragen und sein Gesicht zierten einige Kratzer.
„Danke, es geht schon...“ erwiderte Liam hustend, zu stolz, um die helfende Hand zu greifen. Er richtete sich auf und versuchte dabei nicht sich anmerken zu lassen, wie sehr ihn die Knochen schmerzten.
Er merkte den zweifelnden Blick des Soldaten, doch er ignorierte es. Er war ein Prinz – ein künftiger König, und er hatte keine Schwäche zu zeigen, vor niemanden.
„Wo ist Prinzessin Aimee?“ fragte er schließlich, doch diese Frage wurde mit einem urplötzlichen Schrei, ganz in seiner Nähe, beantwortet.
Er ignorierte seinen Begleiter und auch die Schmerzen, und eilte ihn die Richtung, aus der der Schrei kam und fand seine Verlobte zum Glück relativ unverletzt vor, begraben unter dem Körper des anderen Soldaten.
„Alles in Ordnung?“ fragte er, mit einem Hauch Sorge in der Stimme, und er glaubte so was wie echte Erleichterung zu spüren, wenngleich er sich nicht sicher war. Eigentlich war ihm die Prinzessin ziemlich egal gewesen. Auch beim Anblick des recht zugerichteten Leichnams verzog er keine Miene, verspürte nicht einmal Ekel – es würde nicht das letzte Mal sein das er dem Tod so nahe sein würde, das wusste er.
Er nahm den Arm, welcher Aimee umklammert hatte, beiseite und befreite sie. „Ein ehrenhafter Mann.“ merkte er knapp an, leise, einen letzten Blick auf den Toten gerichtet, ehe er sich wieder seiner Verlobten zuwandte.
„Du scheinst unverletzt zu sein?“

Erleichterung überkam Aimee, als sie die Stimme ihres Verlobten hörte. „Es geht schon“, sagte sie und rang sich ein schwaches Lächeln ab. Ihr Herz raste und sie spürte, dass sie noch am ganzen Körper zitterte, doch hatte sie langsam ihre Fassung wieder gefunden. Dankbar ließ sie sich von ihm aufhelfen. „Ihr scheint auch weitestgehend unverletzt zu sein. Ein Glück“, fügte sie noch hinzu mit einem Blick auf die beiden Männer.
Dann wandte sie sich doch noch einmal zum Trümmerfeld hinter sich um, sah zu dem Toten, der sie bis eben noch beschützt hatte. Sie spürte einen ekel in sich aufsteigen, den sie jedoch ignorierte. Als zukünftige Königin würde sie noch öfter mit dem Tod zu tun haben würde, wahrscheinlich sogar öfter solche Anschläge erleben müssen. Das Einzige was sie tun konnte, war mit gutem Vorbild voran gehen und der Toten und ihrer Taten gedenken. Also faltete sie die ihre Hände zu einem kurzen Gebet zusammen, während der Soldat hinter ihnen eine provisorische Fackel entzündete, die den Umkreis um sie herum erhellte.
Aimee blinzelte kurz gegen das Licht, hatten sich ihre Augen doch schon an die Dunkelheit gewöhnt. Dann sah sie sich weiter um. Direkt vor ihnen befand sich ein Schutthaufen, der sich bis zur gewölbten Decke erhob. Jetzt im schwachen Licht der Fackel konnte man erkennen, dass noch weitere Menschen weniger Glück als sie hatten und im Schutt begraben lagen. Auch ihnen schenkte sie einen kurzen Moment der Anerkennung.
Direkt hinter ihnen erstreckte sich ein Gang, an dessen Wänden bis zur Unkenntlichkeit verschmierte Zeichnungen zu erkennen waren. In regelmäßigen Abständen konnte man Reste von ehemals verzierten Stützsäulen erkennen, die sich auch über die gewölbten Decke zogen. Der Weg selbst war leicht abschüssig und zeigte ein leichtes Wellenmuster, ob dieser Gang wohl Mal unter Wasser gestanden hatte?
„Ich wusste gar nicht, dass sich die Katakomben bis unter dem Tempel durchziehen“, bemerkte sie nachdenklich.

"Das wissen die wenigsten." Antwortete der Soldat, welcher die Fackel nachwievor erhoben hielt.
Liam warf einen Blick durch den Raum - zum Glück hatten sich nicht allzu viele Menschen in dem Tempel aufgehalten, und doch kam er nicht um den Gedanken, wie viel Glück sie doch hatten.
Er beäugte seine Verlobte, welche die Situation nach dem ersten Schrecken gefasst aufzunehmen schien, wenngleich nicht mit dieser Gleichgültigkeit, die Liam verspürte.
"Ihr geht vorran. Vielleicht finden wir ja irgendeinen Ausgang." Wies er den Soldaten an, welcher pflichtbewusst nickte und langsam vorran schritt, vorbei an Leichen und Trümmern; hier und da half er Aimee, und wenn sich doch irgendwelche Hindernisse aufzeigten so räumte er diese mit Liams Hilfe zur Seite, so dass die drei einigermaßen unberschwert ihren Weg fortsetzen konnten.
"Irgendeine Idee wer dahinter stecken könnte?" Fragte Liam seine Verlobte, nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander liefen, beide in ihren eigenen Gedanken versunken.

Aimee berührte ihr Kinn und überlegte. Sie dachte an die Eiskünstler, die die Skulpturen restauriert hatten, versuchte sich an deren Blicke zu erinnern. Hatten sie irgendwelche auffälligen Merkmale gehabt? Sie war zu unbeschwert gewesen, hatte zu wenig auf alles geachtet.
„Mir ist kürzlich zu Ohren gekommen, dass es wohl zwei Gruppierungen gibt, die immer wieder Anschläge verüben“, antwortete sie schließlich.
Sie erinnerte sich noch daran, zufällig ein Gespräch zwischen ihrem Vater und Sir Caleb aufgeschnappt zu haben, in dem sie sich über diese beiden Gruppierungen unterhalten hatten.
„Ich glaube eine davon sind wohl Anhänger der Anti-Magie-Religion, bei der anderen bin ich mir nicht sicher… Aber ich würde es nicht ausschließen, dass eine von ihnen für diesen Anschlag verantwortlich ist.“