Central Hell Goddess 2

Liam schwieg, und beobachtete. Er fand die Bestrafung grausam, aber angemessen. Amila musste lernen, das ihr Verhalten auch Konsequenzen mit sich führte. Und es war wohl allen im Raum klar, das eine leichte Verletzung nicht reichen würde.
"Deine Mutter hat Recht." stimmte schließlich auch - zu Liams Überraschung - Alec zu. "Du hast dich in Gefahr gebracht. Du wurdest verletzt." Der König schüttelte leicht den Kopf. "Aber selbst daraus wirst du nicht lernen. Also gib deiner Mutter das Buch."

Für wenige Sekunden sah Amila fassungslos zu ihrem Vater. Sie hatte nicht damit gerechnet dass ausgerechnet er ihr in den Rücken fallen würde. Ihre innere Wut brodelte stärker, während sich tiefe Enttäuschung dazugesellte. Und doch war ihr klar, dass es kein Zurück gab, keinen Ausweg. Wenn selbst ihr Vater danach verlangte… Widerwillig zückte sie ihr Notizbuch und gab es ihrer Mutter, ohne ihr oder einem der Anwesenden noch in die Augen zu sehen.
„War das alles?“, sagte sie trocken. Ohne jedoch auf eine Antwort zu warten, wandte sie sich direkt um und stürmte aus dem Raum, die Tür laut hinter sich zuknallend. Sie wollte niemanden mehr sehen. Weder ihre Mutter, noch ihren Bruder, ja selbst ihren Vater nicht. Die Gründe vor allem… War ihnen allen das Ansehen ihrer Familie wichtiger als alles sonst? Nur weil sie die Herrscherfamilie waren? Amila wollte es nicht glauben, nein vielmehr verabscheute sie diese Ansicht einfach. Wie sehr sie es doch hasste, wie sehr sie es hasste eine Prinzessin zu sein.

(Ich liege krank in der Badewanne und habe Lust. Also tu ich.)

Es waren nur wenige Tage vergangen, nachdem Emir wieder in die Oberwelt zurück gekehrt war.
Qualvolle, nervenzerrende Tage waren es gewesen - der Hunger zerrte noch immer an ihn, und obwohl der Blutmond vorbei gezogen war, so war der Gedanke an Blut und Fleisch immer noch genauso present wie all die Jahre, die er in diesem elenden Loch eingesperrt war.

Er hatte erst einen Tag abgewartet, bevor er sich wieder in die Nähe der angrenzenden Stadt gewagt hatte. Er war zu viele Jahre eingesperrt, isoliert gewesen - auch wenn er bei dem Mädchen über seine eigene Selbstbeherrschung überrascht gewesen war; er konnte nicht riskieren das der Geruch mehrerer Menschen ihn durchdrehen ließen. Also wartete er, in der Nähe des Ortes, wo er zuerst aufgetaucht war, dem ehemaligen Wachturm.
Es hatte auch nicht lang gedauert bis sich der erste törichte Mensch sich zu ihn verirrt hatte. Zuerst hatte er Nuira für seine jetztige Gestalt gehasst; dies änderte sich aber schlagartig nachdem der Soldat ihn, eine Beste in der Gestalt eines kleinen, unschuldigen Jungen, aufgesucht und seine Hilfe angeboten hatte. Oh, wie nobel, aber auch unfassbar dumm dieser Mensch gewesen war.
Emir hatte ihm irgendeine Geschichte von seiner Mutter erzählt, welche in der Nähe von Dämonen angegriffen wurden war und dringend Hilfe bräuchte. Er war erstaunt über seine eigenen schauspielerischen Fähigkeiten gewesen - während das Tier in ihn tobte und nach Blut lechzte, folgte der dumme, unwissende Soladt ihn, fernab des Turms und fernab der Stadt.
Das war das Erste Mal gewesen an dem Emir wieder den Geruch von Blut, den Geschmack von Fleisch erleben durfte; das erste Mal das er etwas zerstückeln konnte, spüren konnte, wie es war, wenn er mit seiner Sense und seinen Krallen durch menschliches Fleisch schnitt. Er war regelrecht in Ekstase gewesen, genoss den Moment, genoss das Töten, genoss die Freiheit - genoss den gestillten Hunger, wenngleich er wusste das er nur für kurze Zeit gestillt sein würde.
Und dennoch. Dieser "Snack" schien ihn ein Stück seiner Kraft wiedergegeben zu haben, den er war sichtlich gefasster als zuvor. Er wusste, das er sich nun unter Menschen begeben konnte, zumindest ohne sofort wie die Bestie die er war über jeden herzufallen und sinnlos zu zerstückeln.
Wenn er sein Ziel erreichen wollte musste er gefasst sein, intelligent, hinterlistig und freundlich zu denen, die er als nützlich ansah. So wie er früher seine Macht erlangt, wenngleich er sich nicht einmal mehr an die Details erinnern konnte.

Nachdem Emir seine Kleidung in einem nahegelegenen Fluss gewaschen hatte - er war selbst erstaunt darüber wie einfach das menschliche Blut mithilfe von Magie zu reinigen gewesen war - beschloss er, sich der Stadt zu nähern, in der Hoffnung auf das dumme Mädchen zu treffen, welchem er in seiner ersten Nacht der Freiheit begegnet war.
Er wusste, sie war dumm genug das er sie einfach um den Finger wickeln und für seine Zwecke gebrauchen konnte. Wer sonst würde sich freiwillig in einer Rodmond Nacht nach draußen wagen, wenn nicht jemand der komplett den Verstand verloren hatte? Das sie auch noch höchst fasziniert von ihm war war eine willkommene Hilfe gewesen, die er ausnutzen konnte.

(So vll kommt die Tage nochmal was nach hahaha)

Amila vernahm das mittlerweile nun gewohnte Geräusch des magischen Verschlusses ihrer Zimmertür. Es war nun fast eine Woche her, seit man sie in ihrem Zimmer eingesperrt hatte, ohne dass sie auch nur irgendeinen Grund dafür erfahren hatte. Man hatte einfach über Nacht hinweg ihre Zimmertür verriegelt, seitdem hatte sie lediglich Kontakt zu einigen Dienerinnen gehabt, die sich darum kümmerten dass sie nicht elendig verhungerte. Die ersten Tage war Amila regelrecht in Zorn vergangen, bis sie sich irgendwann damit abgefunden hatte und stattdessen einen Plan schmieden konnte, wie sie aus ihrem „Gefängnis“ entkommen konnte. Daraufhin hatte sie die Zeit in der sie alleine war darauf verwendet, ihren Fluchtplan in die Tat umzusetzen. Zugegeben, er war simpel und einfach, aber ihr fehlten einfach die Mittel. Und sie hatte keine Lust noch länger in ihrem Zimmer eingesperrt zu bleiben.
Bevor ihre Dienerin Selina sie für den Abend verlassen hatte, hatte sie ihr noch auf ihren Wunsch hin Nadel und Faden gebracht, ja sogar ein paar Stoffstreifen. Amilas Magen zog sich ein wenig zusammen beim Gedanken an das Mädchen, dessen Vertrauen sie so schamlos ausgenutzt hatte. Aber sie hielt es einfach nicht mehr aus.
Sie warf einen kurzen Blick durch die Fensterscheiben und begutachtete den Himmel. Eine dicke Wolkendecke hatte sich gebildet, wodurch es schwer war, die genaue Tageszeit abzuschätzen. Sie vermutete jedoch dass es bereits dämmerte. Sobald die Nacht vollständig hereingebrochen war, würde sie fliehen. Das hatte sie sich zumindest vorgenommen.
Vorsichtig zog sie die Kleidertruhe hervor, in der sie ihr provisorisches Seil hervorzog. Im Grunde handelte es sich hierbei um einige Kleider und Bettlaken, die sie zusammen genäht oder geknotet hatte, je nachdem was für Material ihr zur Verfügung stand. Sie bezweifelte, dass Selina ihr ein Seil gebracht hätte, selbst wenn sie das Mädchen darum gebeten hatte. Mit Sicherheit hatten ihre Eltern den Dienern entsprechende Befehle gegeben. Nicht ohne Grund verweigerten sie das direkte Gespräch mit ihr. Davon abgesehen dass ihre Mutter zusammen mit Liam ohnehin verreist war und daher unerreichbar war, selbst wenn sie mit ihr hätte reden wollen.
Amila schüttelte den Kopf. „Du hast dir die letzten Tage genug Gedanken darüber gemacht“, sagte sie sich selbst ehe sie sich wieder daran machte, ihren Kleiderklumpen fertig zu stellen. Sobald die Nacht einbrach würde sie fliehen.

Er war überrascht gewesen, wie gleichgültig die Stadt gewesen war.
Klar gab es einige Leute, gerade in den besser gestellten Stadtteilen, die ihm Hilfe angeboten hatten, oder ihn nach seiner Familie gefragt hatten. Emir wusste aber das es lediglich zum guten Ton gehörte. Keiner von ihnen hatte sich wirklich für ihn interessiert - im Gegenteil, er konnte sowas wie Erleichterung in ihren Augen erkennen als er jedes Mal höflich (wahrscheinlich zu höflich für sein Äußeres) ablehnte.
Die Leute in den Slums waren dahingehend viel ehrlicher - entweder sie bepöbelten oder ignorierten ihn, was ihm weitaus mehr willkommen war. Auch wenn ihm diese Ecke der Stadt selbst zuwider war - überall stank es nach Erbrochen und anderen Körperflüssigkeiten - so wusste er, wenn er seinen erneut aufkommen Hunger stillen wollte, sollte er sich bei den Menschen bedienen die eh keiner vermissen würde.

Er hatte einige Tage in den wohlhabenderen Gegenden verbracht, in der Hoffnung das Mädchen zu finden. Er vermutete nicht, dass sie zu den ärmeren Teil der Stadt gehörte; dafür war ihre Kleidung viel zu sauber, der Stoff zu edel und die Hände, mit denen sie sich verzweifelt an ihr Notizbuch geklammert hatte, viel zu gepflegt.
Die Suche war jedoch erfolglos gewesen. Obwohl er sich ihren Geruch genauestens eingeprägt hatte - dieser Geruch der ihn an etwas erinnert hatte - so hatte er ihre Fährte nicht weiter aufnehmen können.

Also beschloss er - auch des aufkommenden Hungers Willen - tiefer in die Gassen der Stadt zu gehen, obwohl die Wahrscheinlichkeit das Mädchen dort vorzufinden viel geringer war. Aber es nutzte nichts. Der Soldat hatte ihn zwar länger satt gehalten als Emir ursprünglich vermutet hatte, doch der eintretende Hunger würde ihn unvorsichtig werden lassen, und das wollte er verhindern.
Wenn er doch nur seine vollständige Kraft wieder hätte. Dann hätte er seine vollständige Magie, sein komplettes Mana; er würde nicht so häufig an den Kräften anderer laben müssen, die ihn zwar kurz stärkten, aber nicht für lange anhielten.
Es war, als würde sein Körper merken das etwas fehlte; etwas, was er nun mit dem Mana anderer zu kompensieren versuchte. Das er selbst eine perverse Vorliebe fürs Töten hatte machte es nicht besser.

"Hey Kleiner", riss ihn eine lallende Stimme schließlich aus den Gedanken. "Sollte ein Bengel wie du nicht langsam im Bett sein?"
Emir grinste innerlich. Der sichtlich betrunkene Pöbel kam ihm gerade Recht. Er war ziellos durch die Slums spaziert, hatte Ausschau gehalten - die meisten Menschen die er sah waren aber entweder nicht alleine, oder sie waren nicht weit genug vom Hauptplatz entfernt an denen sich die meisten Kneipen und Gasthäuser befunden hatten. Das man ihn jetzt hier, naheliegend einer menschenleeren Gasse angesprochen hatte war fast so ein Glücksfall wie der Soldat einer gewesen war.
Egal wo Nuira jetzt war, er würde ihr definitiv für diesen Körper danken müssen. Er zog Edelleute sowie Perverse gleichzeitig an, und das war etwas was Emir zu nutzen wusste.
"Ich fürchte, ich habe mich verlaufen." Antwortete Emir schließlich und bemühte sich so unschuldig wie möglich zu klingen.
"Is' das so? Ich zeig dir gerne den Weg." Der Betrunkene grinste.
Hölle, es war fast schon beleidigend wie wenig seine nächste Mahlzeit seine wahren Absichten verstecken konnte.

Sie wartete eine Weile, bevor sie die Lichter in ihrem Zimmer löschte. Alle sollten glauben, dass sie noch eine Weile irgendetwas getan hatte, bevor sie ins Bett gegangen war, damit niemand Verdacht schöpfen konnte. Wahrscheinlich hatte sie nur diese eine Chance und wenn sie auffliegen würde… Sie wollte gar nicht wissen, was die Reaktion darauf wäre. Nein, sie wollte diese Gedanken nicht einmal wirklich zulassen. Es war zu spät zum Zögern. Zu spät um Angst oder Zweifel zu haben. Entweder sie tat es jetzt, oder sie würde weiter in ihrem Zimmer versauern.
Vorsichtig öffnete sie die Tür zu ihrem Balkon, darum bemüht keine Geräusche zu machen. Fast schon wünschte sie sich, dass es regnen würde. Das würde ihrem Unterfangen mehr helfen, auch wenn es das Klettern erschweren würde. Nun gut, die Wolken würden ihr schon ausreichend helfen.
Sie zog die Kapuze ihres Umhangs über ihr Gesicht und trat an die Balustrade ihres Balkons. Direkt unter ihrem Zimmer befand sich ein Soldat, das hatte sie bereits die Tage zuvor ausgespäht. Sie wusste nur nicht, ob es ein Magier oder ein Krieger war. Ein kleiner Lichtkegel umgab den Mann, war das eine Fackel oder Magie? Sie konnte es nicht direkt erkennen. Vorsichtig tastete sie in ihrem Beutel nach den Bomben, die sie einst entwickelt hatte. Eigentlich handelte es sich dabei nur um Glas- oder Tonkugeln, die mit einer Flüssigkeit gefüllt war, die sie Liam vor einiger Zeit abgekauft hatte. Ursprünglich unter dem Vorwand, sich damit selbst schützen zu wollen, wenn sie mit ihrem Schwert keine Chance hatte, selbst hatte sie nie gedacht, dass sie sie auf diese Art verwenden würde. „Tja Liam, ob du willst oder nicht, so hilfst du mir doch wieder“, flüsterte sie leise und zog eine hervor, erleichtert darüber dass es keine der Kugeln war, die mit einer leuchtenden Flüssigkeit gefüllt war. Sie konnte nur nicht genau erkennen, ob es sich nun um eine Nebel oder Schlafkugel handelte.
Vorsichtig ließ sie die Kugel über den Boden rollen, bis sie mit durch das Geländer hindurch auf den Boden fiel. Das Geräusch splitternden Glases drang zu ihr, gefolgt von einem zunächst überraschten Laut, der jedoch sehr schnell erstarb. Zu ihrer Erleichterung schien es eine der Schlafkugeln gewesen zu sein.
Nachdem sie einen kurzen Blick über die Balustrade geworfen hatte um sich zu vergewissern, dass der Mann wirklich schlief, wickelte sie sich hastig ein Tuch um den Mund und warf ihr „Seil“ herab. Leise fluchend stellte sie fest, dass es nicht ganz bis zum Boden reichte. Es war zwar kein tiefer Sprung, aber das Geräusch könnte sie verraten… Nun wie auch immer. Sie atmete tief ein und machte sich schließlich an den Abstieg, hoffte dabei, dass ihr Knäuel an Stoff nicht reißen würde.

Alle Sinne angespannt ging sie die Prachtstraße entlang, versuchte ihren Weg so zu wählen, dass sie nicht allzu sehr ins Licht trat ohne aufzufallen. Dabei war sie nicht unglücklich darüber, dass die großen Tavernen und Gasthäuser zu dieser Uhrzeit meistens schon geschlossen waren. Adelige verbrachten nur selten Zeit an solchen Orten, für sie war das ein Ort des Pöbels, mit dem sie nicht auf eine Stufe gestellt werden wollten. Dabei erinnerte sie sich noch zu gut an das letzte Bankett im Schloss, bei dem auch nicht gerade weniger über die Stränge geschlagen haben. Darin unterschieden sie sich nicht von den Menschen, über die sie sich am liebsten lustig machten. Sie spürte erneut ihre Verachtung für das obere Volk und versuchte, ihre Gedanken wieder in eine andere Richtung zu lenken. Noch war sie nicht in Sicherheit. Sie musste sich konzentrieren.
Nach einer Weile bog sie schließlich in eine Seitengasse ein und war froh darüber, noch immer das Tuch um ihren Mund gewickelt zu haben. An normalen Tagen waren die Gerüche der Seitenstraßen unerträglich, insbesondere jenen, die in die Slums führten. In Sommernächten musste selbst sie sich oft zusammen reißen, sich nicht selbst zu übergeben.
Schließlich erreichte sie einen einfachen Platz, an dem sich einige Menschen um eine Feuerstelle tummelten, die meisten von ihnen mit Krügen und Bechern in der Hand. Manche von ihnen gröhlten etwas, andere schütteten ihr Herz aus. Etwas abseits hörte sie das Röcheln von jemandem, der eindeutig schon zu viel getrunken hatte. In ihrem Herz gaben sich Mitleid und Ekel die Hand und kurz überlegte sie, ob sie heimlich einen der Edelsteine, den sie aus ihren schicken Kleidern gebrochen hatte, hier fallen lassen sollte um diesen Menschen zu helfen. Sie verwarf diesen Gedanken jedoch ganz schnell wieder. Alles, was auf ihre Fährte führen konnte war ein Problem. Also entschied sie, die Feiernden in Ruhe zu lassen und weiter zu gehen.
„Ich fürchte, ich habe mich verlaufen“, hörte sie schließlich die Worte eines Jungen aus einer der Gassen dringen, gefolgt von der Antwort eines sichtbar betrunkenen Mannes.
„Is‘ das so? Ich zeige dir gerne den Weg.“ Amilas Alarmglocken begannen zu läuten. Etwas in der Stimme des Mannes ließ sie darauf schließen, dass er nichts Gutes mit dem Jungen vorhatte. Schnellen Schrittes ging sie in die Gasse, aus der sie die Stimmen gehört hatte und erblickte dabei den Rücken eines Mannes in zerrissener Kleidung, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Nur schwer konnte sie den Jungen erkennen, um den er gerade einen Arm schlang.
Schnellen Schrittes betrat sie die Gasse. „Ach hier bist du, ich hab dich schon die ganze Zeit gesucht!“, sagte sie laut.

Er fluchte innerlich, als er die Stimme des jungen Mädchens vernahm, die ungefragt sein künftiges Mahl unterbrochen hatte. Wer zur Hölle kam auf die Idee sich in einer gottlosen Gegend wie dieser in Sachen einzumischen die sie nichts angingen?
Erst als er es wagte, wieder durch die Nase zu atmen und sich zum Störenfried umzudrehen, dämmerte es ihn. Das Schicksal war zu gut zu ihm gewesen.
"Tut mir Leid, die Stadt ist so groß und da hab ich dich aus den Augen verloren..." Heuchelte er schließlich in einem weinerlichen Unterton während er sich rasch aus den Armen des Betrunkenen befreite und zu dem rosahaarigen Mädchen lief.
Der widerliche Mann schaute dem Schauspiel verdattert zu und man konnte ihm ansehen wie sein benebeltes Hirn Schwierigkeiten hatte, die Situation zu verarbeiten.
"Ah, der gehört zu dir, wusst' ich nich'..." Stammelte er schließlich verwirrt. Es war ungewöhnlich das in diesen Gassen noch nach Kindern gesucht wurde, das wusste Emir. Die meisten waren wohl Streuner wie der Betrunkene selbst, Menschen nach denen keiner fragen würde, wenn sie einfach nicht mehr auftauchen würden.
Er hackte sich schließlich bei dem Mädchen ein, scheinheilig. Er war immer wieder selbst erstaunt darüber wie gut er sich zusammen reißen konnte, wenngleich ihn der Gedanke an die verlorene Mahlzeit unglaublich frustrierte.
"Lass uns schnell gehen, die Gegend gefällt mir nicht..." Spielte er schließlich, und als er sie mehr oder weniger mit sich zerrte, konnte er nicht anders als sich ein letztes Mal zum Perversen umzudrehen, welcher beim Anblick seines verzerrten Grinsens rückwärts ins Stolpern geriet.

Ohne dem Betrunkenen noch eines Blickes zu würdigen entfernte sich Amila aus der Seitengasse. Erleichtert darüber, dass der Junge mitgespielt hatte. "Also wirklich", sagte sie in dem Glauben, dass der Mann sie noch hören konnte, "Vater und Mutter sind schon krank vor Sorge."
Erst als sie sich einige Meter von der Gasse entfernt hatten, blieb sie schließlich stehen, vorsichtig die Kapuze tiefer ins Gesicht ziehend. Kaum merklich ausatmend drehte sie sich um um sicher zu gehen, dass der Betrunkene ihnen nicht gefolgt war. Wären sie in einem andren Stadtteil, wären sie ihm vielleicht nicht so leicht entkommen, hätten vielleicht sogar mit Schlägern rechnen müssen. Aber anscheinend hatten sie Glück.
"Das ist noch Mal gut ausgegangen", murmelte sie und versuchte sich kurz zu orientieren. "Du solltest nicht alleine in dieser Nacht herumlaufen, wer weiß was für Leuten man sonst noch begegnet." Erst jetzt wagte sie es, den Jungen genauer zu betrachten. Im Zwielicht der Nacht und der schwachen Beleuchtung der Slums fiel es ihr schwer, mehr als die weißen Haare zu erkennen, dennoch hatte sie das Gefühl, sie wäre ihm bereits begegnet. Vielleicht auf irgendeinem Fest, wenn sie sich heimlich davon geschlichen hatte.
Sie wandte ihren Blick wieder ab und deutete in eine Richtung. "Wenn du der Straße folgst, kommst du irgendwann zu einer Kreuzung. Folge dort dem Pflasterweg, irgendwo auf der linken Seite dürftest du ein Wachhaus sehn. Die Soldaten werden dir bestimmt helfen, wieder nach Hause zu kommen", erklärte sie und löste sich aus der Umklammerung des Jungen.

Emir grinste.
"Wisst ihr, es kränkt mich schon ein wenig." Sagte er schließlich, als die zwei sich weit genug vom Betrunkenen entfernt hatten. "Für wahr, ich mag jetzt um einiges... 'kleiner' sein als bei unserer letzten Begegnung, und doch hatte ich gehofft unser Treffen hätte euch genug imponiert das ihr mich trotz dieser... Umstände wieder erkennen würdet."
Er sah dem Mädchen in die Augen. Der Moment, an dem es ihr zu dämmern schien, wen sie nun vor sich hatte, belustigte ihn genug das er für einen Moment seinen aufkommenden Hunger und seine Frustration vergessen konnte.
Es würden sich genug Gelegenheiten für ein Mahl geben. Aber diese Gelegenheit, so wusste er, wird seine letzte sein, weswegen er sie greifen musste, wenn sie sich ihm doch so anbietend präsentierte.

Überrascht über seine Worte und die plötzliche Art wie er sprach, wandte sie ihren Blick wieder dem Jungen zu. Erwiderte seinen Blick, als er ihr direkt in die Augen sah. Diese tiefroten, nein vielmehr blutroten Augen, die kein Licht reflektierten. Ohne dass sie es bemerkte, riss sie die Augen weiter auf, als sie begriff, wann sie diese das letzte Mal gesehen hatte. Es war nicht einmal eine Woche her, seit sie sich in der Nacht des Blutmondes begegnet waren.
Sie setzte kurz zum sprechen an, rieb sich dann aber die Schläfe und atmete noch einmal tief durch. Dieses Kind sollte der Dämon sein, dem sie begegnet war? Irgendwie passte das nicht zusammen.
Das Geräusch von Schritten ließ sie kurz zusammenzucken, nur um erleichtert festzustellen, dass es einfach nur normale Leute waren, die einen Ort zum schlafen suchten und keine Soldaten. "Ich hatte nicht erwartet, Euch ausgerechnet hier zu treffen", sagte sie schließlich nachdem sie allmählich merkte, dass sie ihn die ganze Zeit nur angestarrt hatte. Dann räusperte sie sich. "Leider habe ich diese Nacht keine Zeit, um mich mit Euch zu unterhalten. Ich bin eigentlich ziemlich in Eile."
Erneut blickte sie sich um, ehe sie ihren Weg fortführen wollte, wobei sie dabei überlegte ob sie einen Dämon überhaupt so frei in der Stadt herum laufen lassen sollte. Aber Soldaten aufsuchen war auch keine Option. Sollte sie ihn mitnehmen? Schließlich wandte sie sich doch ab. Sie hatte keine Zeit dafür, sich darüber Gedanken zu machen. Sollte sie bei Sonnenaufgang immer noch in der Stadt sein, konnte sie sich auch gleich auf dem Schlosshof präsentieren. "Wie auch immer, ich muss gehen. Es war... überraschend Euch wieder zu sehen, aber mir fehlt wie gesagt die Zeit für ein Gespräch."

Der Dämon grinste hämisch.
Oh, du dummes Ding! Dachte er sich.
„Man merkt dass ihr noch nicht viel mit meinesgleichen zu tun hattet.“ stellte er schließlich fest. „Nicht ihr entscheidet, wann es Zeit für ein Gespräch ist, meine Teuerste.“
Seine Augen leuchteten kurz bedrohlich auf, ehe er sich umsah. Er konnte weit und breit keine Menschenseele wahrnehmen, zumindest keine die es wert war, beachtet zu werden.
Wenn Emir es richtig eingeschätzt hatte war sie auf der Flucht gewesen – sonst wäre die feine Dame nie im Leben in einer dieser tristen, abartigen Ecken gelandet und wäre auch nicht so darauf bedacht, von hier zu verschwinden. Am Liebsten würde er ihr direkt klar machen, mit wem sie es zu tun hatte. Das sie sich viel mehr vor ihm fürchten sollte als vor den Leuten vor denen sie wegzulaufen schien.
Doch das war töricht. Er brauchte ihr Vertrauen wenn er ihre Hilfe wollte. Ihre Angst konnte er sich später immer noch holen, dachte er sich.
„Aber nun gut.“ er lachte leise. „Ich verstehe eure Lage. Ich begleite euch gerne, wenn es genehm ist.“

Sie fluchte leise, besann sich dann jedoch zur Ruhe. Lieber sollte er sie begleiten, als dass er in der Stadt wütete. Andererseits verstand sie auch nicht so Recht, was er an ihr fand. Oder wollte er sie verspeisen? Sie sollte auf jeden Fall auf der Hut bleiben. Die Müdigkeit und Anspannung machte sie zu unvorsichtig.
"Also gut", gab sie schließlich bei, "Ihr könnt mich ruhig begleiten. Ich kenne einen Ort, an dem wir uns gut unterhalten können." Sie stockte noch einmal kurz. "Allerdings würde ich diesen Ort vor Sonnenuntergang möglichst hinter mir gelassen haben."
Ohne auf eine Antwort zu warten ging sie schnellen Schrittes in die Richtung, die sie sich auserkoren hatte, ein Ort, der sich am Rand der Slums befand.
Umringt von einer halb eingestürzten Steinmauer, deren Seiten von Efeu und Moos umrankt waren. Die einst so prächtige Straße, geschaffen aus verschiedenfarbigen mosaikförmigen Pflastersteinen war bereits zerplatzt, mehrere Steine hatten sich gelöst. Nicht wenige der seltenen hatten den einen oder anderen dabei zumindest für kurze Zeit ein angenehmes Leben beschert - heute lag alles nur noch in Staub und Asche, Überreste eines Feuers, das vor fast zwanzig Jahren die letzten Überreste hatte zerstören sollen.
Amila blieb für einen kurzen Augenblick vor dem einst zu prachtvollen Gittertor stehen, das mit dicken Gittern versperrt worden war. Dahinter wurde sie sichtbar, die Ruine einer Kirche der alten Religion, die gegen Magie gepredigt hatte. Die einst verputze Wand bröckelte langsam, die einst bunten Gläser waren durch das Feuer zersplittert geworden. Und dennoch empfand Amila diesen Ort als ungewöhnlich schön. Auch wenn es gerade ihr als Prinzessin verboten war, dort hin zu gehen war das einer der wenigen Orten, an die sie sich gerne zurück gezogen hatte.
Und von denen sie wusste, dass niemand nach ihr suchen würde.
Sie umrundete die Mauer ein wenig, bis sie schließlich einen Ort erreichte, an dem sie so weit eingestürzt war, dass auch der kleinere Dämon problemlos über sie hinweg steigen sollte, sofern er überhaupt ein Problem damit hatte. Dennoch bedeutete sie ihm zu folgen und bot ihm zögernd auch ihre Hilfe an, ehe sie sich durch eines der zerstörten Tore ins Innere des Gebäudes drängten.

Emir nahm ihre Hilfe an, wenngleich er sie natürlich nicht brauchen würde. Aber er beschloss das es essentiell dafür war ihr Vertrauen zu gewinnen wenn er sich schwächer gab als er eigentlich war. Im Grunde war er ja auch schwach. Zumindest so viel schwächer und gebrechlicher als er es sonst gewesen wäre.
Als die beiden schließlich an dem Ziel, dass das Mädchen für sie auserkoren hatte, angekommen waren, ließ Emir einen gelangweilten Blick durch seine Umgebung schweifen. Hier würde sie wirklich keiner finden, stellte er innerlich fest. Es würde ein einfaches sein sie zu verspeisen wenn er wollen würde. War sie etwa wirklich so dumm? Nein. Wahrscheinlich war es Neugierde gewesen. Immerhin hatte Emir schon zwei Möglichkeiten gehabt sich das dumme Ding einzuverleiben wenn er es denn gewollt hätte.
„Ihr fragt euch sicher wieso ich unsere Unterhaltung fortführen möchte, nehme ich an.“ sagte er schließlich, während sein Blick den ihren suchte, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

"Nun", begann sie, während sie in ihrem Beutel mit ihren Glaskugeln wühlte, "essen scheint Ihr mich ja wohl nicht zu wollen." Nach kurzer Zeit wurde sie fündig und zückte eine Glaskugel, die mit einer Flüssigkeit gefüllt war, die ein schwaches Licht abgab. Sie wusste nicht, was der Inhalt der Flüssigkeit war. Ja, früher hatte sie es als nutzlos angesehen, nun war sie jedoch froh wenigstens etwas Licht zu haben - auch wenn es nicht einmal reichte, um überhaupt groß Licht zu spenden.
Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass das Licht definitiv nicht nach draußen dringen konnte, warf sie die Kapuze zurück und setzte sich auf eine der verkohlten Steinbänke. Ein kurzer Moment der Ruhe.
"Dennoch habt Ihr mich nun neugierig gemacht", sagte sie und sah ihm direkt ins Gesicht. "Was wollt Ihr von mir?"

Der Dämon grinste innerlich. Er hatte ihre Aufmerksamkeit. Sobald sie interessiert war – und das war sie, warum sonst hätte sie sich an einer solch verheißungsvollen Nacht überhaupt nach draußen begeben? - wäre es einfaches gewesen, sie für seine Zwecke einzuspannen.
„Ihr stellt eindeutig die falschen Fragen für jemanden der sich gerade mit einem hochrangigen Dämon unterhält“, antwortete er schließlich amüsiert.
„Aber nun gut. Ich möchte direkt zur Sache kommen. Euch wird aufgefallen sein das sich die Rotmondnächte häufen und immer mehr von… meiner Sorte in eure Welt gelangen.“
Er pausierte kurz, wartete auf eine Reaktion, auf eine Regung. Sie schien angebissen zu haben.

Sie hob kurz eine Augenbraue und versuchte sich an das Gespräch in der Nacht des Blutmonds zu erinnern. Es war einfach zu viel seitdem passiert, das ihre Aufmerksamkeit erfordert hatte. Wehmütig dachte sie an ihr Notizbuch zurück.
"Ihr seid tatsächlich der erste hochrangige Dämon der mir begegnet", gab sie zu. Ihr Gehirn arbeitete auf hochtouren, sie überlegte welche Informationen sie ihm bereits gegeben hatte und geben konnte. Aber eines war klar, selbst wenn er herausgefunden hatte, dass sie der oberen Schicht angehörte - sie bezweifelte dass er ihren genauen Stand kannte. Diesen sollte sie zur Sicherheit für sich behalten, zumindest für's Erste.
"Aber so wie Ihr von den Rotmondnächten redet", sie senkte ihre Stimme ein wenig, "scheint Ihr etwas darüber zu wissen, ist es nicht so?" Sie wiegte ihre Kugel kurz in ihrer Hand, woraufhin das Licht ein wenig unregelmäßiger wurde. "Und wie kommt es, dass Ihr mir zuerst als Mann, heute aber als Kind gegenüber steht?"

Emir wusste, das er seine Antwort auf diese Frage ausschlaggebend dafür war ob er ihr Vertrauen gewinnen konnte oder nicht. Aber Emir wäre nicht Emir gewesen wenn er dafür nicht eine Lösung gehabt hätte.
"Wisst ihr", seufzte er und lehnte sich gegen eine Mauer, die Arme verschränkt. "Das ist der Grund meines Dilemmas." Er hob seinen Blick gen Himmel.
"Die... 'Herrscherin' unserer Welt ist verschwunden. Und am selben Tag auch Großteil meiner Kräfte, so fürchte ich, ich hätte sonst keine andere Idee was meinen aktuellen Zustand betrifft." Er machte eine kurze Pause, sah das Mädchen nun direkt an, ehe er weiter sprach.
"Ich habe die Theorie dass das alles irgendwie zusammen hangt. Die Blutmonde, mein verjüngtes Selbst... Bevor ich aufbrach herrschte unten mehr Chaos als sowieso schon. Wenn ich sie nicht finde könnte das für eure Welt weitaus größere Folgen haben als für meine, und in meinem aktuellen Zustand bin ich nicht in der Lage irgendwas dagegen zu unternehmen, geschweige denn den Aufenthalt unserer Herrscherin ausfindig zu machen."

Amila sah ihn für einen Augenblick an, ehe sie ihr Kinn auf einer Hand stützte. Obwohl sie überlegte konnte sie nicht verhindern, dass sich ihre Mundwinkel vor Freude hoben. Alles in ihr bebte vor Freude. Vielleicht hatte sie endlich einen Weg gefunden, wie sie den Blutmond... Wie sie sich selbst und allen helfen konnte.
"Also ist eure Herrscherin verschwunden", wiederholte sie seine Worte. "Das würde Sinn ergeben, die Blutmonde waren nicht immer so häufig, sondern haben sich erst die letzten Jahre so entwickelt. Vermutlich n dem Tag, an dem sie verschwand." Sie hob ihren Blick und sah ihn kurz an. "Es tut jetzt nichts zur Sache, aber Ihr wisst nicht zufällig wie lange das ungefähr her ist?" Es war vielleicht eine unwichtige Information, würde aber vielleicht seine Theorie bestätigen oder verwerfen.
Ohne auf eine Antwort zu warten begann sie wieder zu überlegen. Sie wusste nicht genau wie weit sie ihm vertrauen konnte, aber anscheinend kam er ja her, um alles wieder richtig zu stellen. Konnte sie es wagen, ihm zu helfen? Immerhin war er ein hochrangiger Dämon, was aber vielleicht nichts schlechtes bedeutete. Immerhin bewies er alleine durch dieses Gespräch schon, dass er mehr Verstand besaß als die anderen Dämonen, die in diese Welt gekommen waren. Vielleicht... Sie berührte unbewusst ihre Seite. Nein, noch war es zu früh ihm davon zu erzählen. Vorerst sollte er einfach nur glauben, dass sie diese Welt retten wollte - was ja nun auch nicht ganz gelogen war.
"So oder so, um herauszufinden was geschehen ist werden wir sehr wahrscheinlich ihre Hilfe benötigen. Wenn sie hier in dieser Welt ist, müsste es doch irgendjemanden geben, der etwas davon weiß. Wenn sie wirklich so mächtig ist..", murmelte sie vor sich hin um ihre Gedanken zu ordnen.

Der Dämon schüttelte den Kopf.
„Ich weiß das leider nicht, fürchte ich. Die Zeit in der Hölle vergeht anders als in eurer Welt.“
Zumindest war es das was Nuira ihn erzählt hatte. Er selbst wusste über die Welt, die die letzten Jahrhunderte sein ‘Zuhause’ nannte, nicht viel. Wie auch, wenn er seit Anbeginn in diesem elendigen Keller gefangen war? Das Einzige was er wusste war das, was diese verdammte Nuira ihn erzählt hatte. Und wer wusste schon, wie viel davon überhaupt die Wahrheit war? Doch das sollte das Mädchen nicht wissen.
„Jedenfalls“, fuhrt er fort. „Ich fürchte ich bin in eurer Welt alleine so hilflos wie meine derzeitige Gestalt anmuten lässt. Deshalb benötige ich Hilfe, auch wenn ich nicht gerne danach frage.“

Sie lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und sah ebenfalls in den Himmel. Vereinzelte Sterne kamen zwischen den Wolken zum Vorschein. Wie spät es wohl mittlerweile war.
"Also kann es sein, dass sie schon wesentlich länger oder erst vor kurzem verschwunden ist, als wir vermuten", schlussfolgerte sie, noch immer tief in Gedanken versunken. "So oder so, eines ist klar... Wenn sie nicht von selbst abgehauen ist, wird sie sehr wahrscheinlich von jemandem fest gehalten, der etwa genauso stark sein dürfte wie sie... Anders kann ich es mir nicht vorstellen." Sie senkte ihren Blick wieder, tief in Gedanken. "Da wir aber nicht wissen ob sie fest gehalten wird und wer unser Gegner in dem Fall ist, bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als unsere eigenen Kräfte zu verstärken."
Ihre Worte waren mehr lautes Gemurmel um ihre Gedanken zu ordnen, wie sie es immer tat wenn sie überlegte. Es half ihr einfach, das offensichtliche zu sagen um die Hintergründe festzulegen. Nun aber heftete sich ihr Blick endlich auf Emir.
"Ihr sagtet, mit dem Verschwinden Eurer Herrin wurde auch Eure Kraft geschwächt. Da ihr ein Dämon mit Verstand seid, gehe ich davon aus, dass ihr eigentlich ein sehr mächtiger Dämon seid?" In Gedanken ging sie durch, welche mächtigen Personen sie kannte. Sofort fielen ihr ihr Bruder, sowie ihre Eltern ein - die sie beide mit Sicherheit nicht für dieses Unterfangen gewinnen konnte.
Rhea war eine starke Kriegerin, sie war sich jedoch unsicher über ihre magische Stärke, geschweige denn wie sie sie erreichen konnte, ohne sich irgendwo offenbaren zu können. Vielleicht war dieser Dämon vor ihr... dieser Dämon, der momentan aussah wie ein Kind die einzige Möglichkeit, diese Welt zu retten. Aber konnte sie ihm trauen? Durfte sie ihm trauen?

(Nein, darfst und solltest du nicht. Aber psst!)

Emir grinste, seine tiefroten Augen funkelten amüsiert auf. "Verzeiht die Arroganz, aber ich bezweifle das ihr auf einen mächtigeren Dämon als mich treffen werdet." erwiderte er und machte eine kurze Verbeugung, während er sie weiterhin ansah.
"Ihr kennt um die Entstehung der Hölle, nehme ich an? Dadurch das ich als direkter Empfänger dieses Fluches noch so vor euch stehe und normal mit euch artikulieren kann sollte euch eigentlich schon ein Geschmack davon geben, wie weit meine Macht eigentlich reicht."

Mit gerunzelter Stirn überlegte sie.
"Religion ist ehrlich gesagt nicht so ganz mein Ding. Es gibt eine Geschichte um eine Hexe, die damals verbannt wurde, wodurch die Hölle entstand." Sie ging geistig durch, was sie von dem großen Krieg vor zwanzig Jahren wusste. "Wobei niemand die wahre Geschichte kennt. Aber eines ist klar", nun sah sie Emir wieder genau an. "Ich weiß zumindest dass jeder, der mit der Hölle in Berührung kommt zu einem Dämon wird. Vor nicht allzu vielen Jahren war das noch eine gängige Strafe für Verbrecher."
Sie lehnte sich wieder zurück und haderte mit sich selbst. "Nun gut, aber ich glaube Euch, dass Ihr ein mächtiger Dämon seid", ihr Blick wanderte wieder zum Himmel. "Nur bringt uns das letztlich auch herzlich wenig, wenn Ihr eure Kraft nicht habt."
Eine innere Stimme mahnte sie, drängte sie zur Vorsicht. Und doch war das die einzige Option, die sich ihr gerade bot. Wobei sie einen Weg finden müsste, seine Kräfte wieder her zu stellen. Nur wie sollte man so etwas anstellen?

Emir grinste innerlich. Es würde ihn nicht wundern, wenn Ethan die Geschichte damals gänzlich umgeschrieben hätte. Das passte zu ihm. Vielleicht - und wahrscheinlich war das ein törichter Gedanke- vielleicht hatte er auch Emirs eigene Geschichte verändern lassen, oder ließ sie gar unerwähnt? Wenngleich er sich selbst nicht an die Details erinnern konnte, viel zu lange war es her gewesen. Aber ihm war bewusst, sobald sich das Mädchen vor ihm klar bewusst wurde, mit wem sie sich hier unterhielt würde sie ihm nicht so einfach vertrauen.
"Ich habe eine Theorie", erwiderte er schließlich und wandte den Blick gern Sternenhimmel."Die ich aber erst bestätigen muss, selbstverständlich. Ich denke das Verschwinden meiner Kräfte hat etwas mit meinem Manapool zutun. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, diesen wieder aufzufüllen... Würde sich vielleicht auch meine volle Kraft wieder entfalten." Er machte eine kurze Pause. "Natürlich sind das nur Vermutungen. Aber dadurch das ich an Rotmondnächten meine normale Gestalt zu haben scheine... und Rotmondnächte sind in der Regel voller Magie, wennauch verdorbener. Aber natürlich ist das etwas was noch weitere Bestätigung benötigt."

"Hmm", machte Amila und versank wieder in Gedanken. Sie selbst kannte sich zu wenig mit Magie aus, dennoch machten seine Worte durchaus Sinn. "Es wäre durchaus möglich... Schließlich heißt es auch, dass Dämonen allgemein während dem Blutmond stärker werden." Sie legte den Kopf schief und schloss dabei den Augen. "Auch habe ich gehört, dass sich die Magie in diesen Nächten unheilvoller anfühlt als normalerweise. Wenn es also einen Weg gäbe diese zu bündeln, dann..." Ihr Blick fiel zufällig auf den verkohlten Altar - begleitet von einem Geistesblitz.
"Das ist es!", rief sie plötzlich während sie gleichzeitig aufsprang, drückte sich aber direkt eine Hand auf den Mund und sah sich kurz um.

"Keine Sorge", schmunzelte Emir. "Hier ist weit und breit niemand. Glaubt mir, ich würde es merken."
Er sah sie schließlich neugierig an. "Mir scheint als hättet ihr ein Lösung für mein Problem?"