Central Hell Goddess 2

Anstatt auf die Frage zu antworten, wandte sich Nox an den Wirten.
"Heh Greg, sei doch so gut und geb mir und dem netten Herren hier was schönes zu Trinken." Sagte sie, und grinste Arion anschließend an.
"Es gibt zwei Arten, wie man aus einem Menschen alle Geheimnisse entlockt - entweder mit einem Messer an der Kehle oder einem schönen großen Krug Alkohol." Erklärte sie, jedoch leise genug, so dass die anderen Gäste sie nicht hören konnten.
Als der Wirt ihnen schließlich jeweils zwei Krüge Bier auf den Tresen gestellt hatte, drückte sie einen davon Arion in die Hand, nahm sich den anderen, packte ihn mit ihrer freien Hand ans Handgelenk und zog ihn ins angrenzende Hinterzimmer, welches der Wirt ihr freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte und genau für solche Gespräche gedacht gewesen war.
Der Raum war relativ klein; ausgestattet mit einem alten Sofa, einem alten Tisch und ein paar Stühlen.
Nox setzte sich auf das Sofa, die Beine übereinander verschränkt und nahm selbst erst einen kräftigen Schluck, ehe sie sich den Schaum von den Lippen wischte und Arion amüsiert anfunkelte.
"So, jetzt können wir reden. Also, was hast du herausgefunden?"

„Nicht schlecht“, meinte er und ließ sich auf einem der Stühle nieder, wurde aber schlagartig wieder ernst. Es überraschte ihn recht wenig, dass die Assassinen ausreichend Kontakte hatte, dennoch empfand er es immer wieder beeindruckt, mit was für Auftraggebern er immer wieder zu tun hatte.
„Nicht viel. Beide halten sich ziemlich bedeckt“, begann er, ehe er schließlich doch einen Schluck Alkohol nahm. „Von diesem Dämon weiß ich außer seinem Namen, Emir, soweit eigentlich gar nichts. Er bleibt eigentlich durchgehend in seiner Rolle als kleiner Junge.“
Sein Blick ruhte kurz auf ihrem Gesicht, ehe er den Krug abstellte. Alkohol hin oder her, hier in Winderia brachten sie einfach nichts Besseres als Pissbrühe zustande. „Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass Amila von seiner wahren Natur weiß. Sie hat darauf bestanden, dass jeder von uns ein eigenes Zimmer bekommt, was doch sehr merkwürdig ist, wenn man bedenkt, dass sie nach außen hin ein Geschwisterpaar spielen.“
Er stockte noch einmal einen Moment, ließ seine Worte wirken. „Ansonsten wäre da nur noch dieses Buch, das Amila ständig mit sich herum führt, hatte bisher noch keine Gelegenheit es mir genauer anzuschauen.“ Dann Griff er schließlich doch wieder zum Krug. „Gestern sagte sie noch, dass wir als nächstes zur Gelehrten-Stadt Asteria reisen würden, allerdings ohne irgendwelche Details“, endete er schließlich seinen Bericht.

Nox hatte sich nach vorne gebeugt, ihr Gesicht auf den Händen gestützt und hörte Arion aufmerksam zu, ohne ihn auch nur eine Sekunde von ihm weh zu sehen.
"Immerhin scheinst du ehrlich zu sein." Sagte sie schließlich, studierte ihn aber weiterhin. "Ich mag es nämlich gar nicht wenn man mich anlügt." Sie lächelte.
An das Buch würde sie mit Sicherheit kommen - Nox könnte sich ohne leichteres in das Zimmer der Prinzessin schleichen und danach suchen, ohne das sie irgendetwas davon mitbekommen würde.
"Weißt du wo sie dieses Buch aufbewahrt?"

Für einen kurzen Moment fiel sein Blick auf ihr sehr ausladendes Dekolleté, nur um im nächsten Augenblick wieder auf ihren Augen zu liegen. Das machte sie doch mit Absicht oder? Nicht, dass er etwas dagegen hatte, aber gerade wollte er seine Gedanken gerne bei der Sache behalten. Also versuchte er sich darauf zu konzentrieren, sich daran zu erinnern wo Amila das Buch verwahrte.
„Sie hält es immer dicht bei sich“, sagte er schließlich und berührte dabei sein Kinn, den Blick kurz ins Leere gerichtet. „Ich vermute sie hat irgendwelche Taschen in ihrem Umhang.“

Ihr waren seine Blicke nicht entgangen, und sie grinste innerlich. Diesbezüglich waren fast alle Männer gleich - und je besser sie aussahen, desto lieber ärgerte Nox sie. Es war wirklich eine Schande das er ihr beruflich über den Weg gelaufen war - sie war sich ziemlich sicher mit ihm würde sie sich gut amüsieren können. Ob sie vielleicht dieses eine Mal eine Ausnahme machen sollte?
"Großartig, ich wollte schonmal immer Mal durch die Kleider einer Prinzessin wühlen." Sagte sie, laut denkend. Dann lehnte sie sich wieder zurück und lächelte.
"Für's Erste sollte das reichen, denke ich." Sagte sie schließlich und sah ihn an. "Dein Glück, dass du so gut aussiehst, Großer - ich bin eigentlich nicht so einfach zufrieden zu stellen."

Er konnte nicht anders, als selbstgefällig zu Grinsen. „Und ich könnte nicht glücklicher sein über eine so attraktive Auftraggeberin wie dich.“
Erneut ein Schluck aus dem Krug, bei dem er angewidert das Gesicht verzerrte. Jetzt wo das Gesöff langsam warm wurde schmeckte es noch ekelhafter. Dann sah er sie wieder direkt an. „Tja, zu Schade dass wir uns auf die Art über den Weg laufen mussten. Ich muss wirklich sagen, du gefällst mir.“
Er hatte eigentlich nicht vor zu flirten, aber diese Worte wollte er einfach gesagt haben. Lag das am schrecklichen Alkohol? Nein, diese Frau war einfach seit langem die erste, an der er richtig Gefallen gefunden hatte. Sowohl äußerlich, als auch von ihrem Verhalten.

Erst war sie etwas überrascht über seine Offenheit – nicht viele Menschen spielten direkt mit offenen Karten, etwas, was Nox absolut hasste, da es Dinge einfach so viel komplizierter machte als sie eigentlich sein müssten, dann lächelte sie.
„Es ist wirklich schade.“ stimmte sie ihn zu und lies ihre Finger über ihren halb leeren Krug kreisen, innerlich am hadern ob sie sich wirklich darauf einlassen sollte oder nicht. Eigentlich war sie der Überzeugung, dass sie um jeden Preis professionell bleiben sollte – der letzte Mann, auf den sie sich eingelassen hatte und Teil eines Auftrags war, war gegen Ende so lästig geworden, dass sie ihn beinahe umgebracht hatte.
Aber Arion war ein Söldner, und Söldner waren nicht unbedingt bekannt dafür, sich binden zu wollen. Außerdem, wie lange war es her gewesen das sie sich dahingehend ein wenig vergnügt hatte? Und war nicht das Wichtigste am Leben so viel Vergnügen wie nur möglich daraus zu ziehen?
Schließlich stand sie auf, ging auf ihn zu und beugte sich zu ihn runter, so dass ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.
„Wobei ich ziemlich gut darin bin Berufliches und Privates zu trennen.“ sagte sie, verführerisch grinsend.

Sollte er sie verfluchen dafür? Oder eher nicht? Auch er grinste in sich hinein, als sie ihm so nahe kam, dass es ein leichtes wäre sie zu küssen. Klar, sie war eine Assassine und mit Sicherheit sehr geschickt. Aber was wäre ein letzter Kuss von so einer gutaussehenden Frau? Und er hatte nicht den Eindruck, dass sie sich komplett dagegen sperrte.
„Ich normalerweise auch“, antwortete er und seine Stimme wurde dabei mit jedem Wort leiser. „Aber ich muss zugeben, du machst es mir verdammt schwer.“ Seine letzten Worte waren fast schon geflüstert und er traute sich, ihrem Gesicht ein wenig entgegen zu kommen.

"Dann sind wir uns ja einig." antwortete sie, ebenso leise, ehe sie sich auf seinen Schoß setzte, sein Gesicht in ihre Hände nahm und ihn leidenschaftlich küsste.
Ein Teil von ihr war sich immer noch nicht sicher, ob das wirklich eine gute Idee war - doch einmal tat niemanden weh, oder? Und sie hatte sich geschworen, dass es bei dem einen Mal bleiben würde.

Es war bereits früher Nachmittag als Amila endlich alles zusammen hatte, was sie soweit in Karne bekommen konnte. Neben einem neuen Notizbuch – sie war es leid, ständig das Buch voll zu schreiben – hatte sie sich zumindest noch ein paar einfache Werkzeuge besorgt. Jetzt fehlten ihr nur noch die Materialien und dafür musste sie noch ein wenig weiter im Buch forschen. Obwohl Emir sie die ganze Zeit begleitet hatte, hatte sie die Zeit in der Stadt doch sehr genossen. Wie lange war es her, dass sie einfach Mal ungestört durch die Straßen gehen konnte, ohne die ganze Zeit von Soldaten begleitet zu werden? Klar, sie musste sehr gut darauf achten, dass ihre Kapuze nicht herab rutsche, aber dennoch hatte sie sich so frei wie lange nicht mehr gefühlt.
Wäre da nicht das langsam anschwellende Brennen in ihrer Seite. Das leichte Kratzen das sie den Mittag über gespürt hatte war kein Problem, nur langsam fiel es ihr immer schwerer das Brennen zu ignorieren. Eigentlich wollte sie nur noch in ihr Zimmer und versuchen, sich so gut wie möglich abzulenken.
Als sie schließlich die Taverne erreichten, ließ sie ihren Blick kurz durch den Schankraum schweifen. „Arion scheint wohl unterwegs zu sein“, merkte sie an, als sie den Söldner nicht im Raum sah. Nicht dass es sie störte, sie war eigentlich ganz froh wenn sie heute nicht trainieren würden.
Ohne auf Emir zu achten trat sie an die Bar und fragte nach den beiden Zimmerschlüsseln, die Arion für sie besorgt hatte. Einen davon reichte sie an Emir.
„Ich würde mich direkt wieder an die Entschlüsselung setzen“, sagte sie knapp und wandte sich ab.

Emir hatte sie den ganzen Tag über begleitet, und beobachtet. Es schien ihn, als wäre sie unruhig, rastlos - oder war das sein eigenes Befinden, welches er auf sie projiziert hatte? Er hatte das Gefühl, der Hunger war heute besonders stark - er hatte in der Stadt schon Schwierigkeiten gehabt, sich zivilisiert zu verhalten - der menschliche Geruch, der ihn den ganzen Tag umgeben hatte, hatte ihn regelrecht den Verstand geraubt. Nuira sprach zwar immer davon, die Welt und ihre Menschen zu lieben, aber was für eine Art Liebe war es, wenn dieser Fluch ihr Werk war?
Aber der Dämon ahnte, dass dieser Hunger nur bis heute Abend anhalten würde - wenn er wieder er selbst war, seine kompletten Kräfte besaß – wie sehr er sich seit dem letzten Mal danach gesehnt hatte. Wenn er diese Nacht doch nur sinnvoll nutzen würde…
„Du solltest heute Abend vielleicht besser auf deinem Zimmer bleiben.“ meinte er noch, bevor Amila sich gänzlich abwenden konnte. „Ich befürchte, uns steht heute ein Blutmond bevor.“ Vielleicht sollte er auch diesen Söldner davor warnen – nicht, dass es ihn scherte, ob er heute Nacht starb oder nicht – er wollte nur nicht gestört werden, sollte sich heute Nacht doch irgendein Irrer auf den Straßen der Stadt wiederfinden.
Und selbst wenn nicht – Emir hatte auch nichts dagegen, seinesgleichen abzuschlachten, nur um wieder die ganze Macht spüren zu können, die ihm eigentlich innewohnte.

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„Ich werde heute Nacht übrigens auch hier bleiben.“ sagte Nox, nachdem sie ihre Liaison mit Arion beendet hatte und begann sich anzuziehen. „Ich habe Gerüchte gehört das heute Nacht ein Blutmond auftauchen soll.“ Sie sah zu dem Söldner rüber und grinste ihn an. „Und da ich heute mit unserer kleinen Prinzessin beschäftigt sein werde, wäre mir sehr gelegen, wenn du den Knirps im Blick behalten könntest – oder zumindest ein Ohr auf sein Zimmer behältst. Die Wände oben sind glücklicherweise nicht sonderlich dick.“
Sie wühlte in ihrer Tasche und holte abermals einen kleinen Lederbeutel raus und beugte sich dann ein letztes Mal zu ihm. „Ich schätze ich muss dir nicht sagen das du nichts dummes tun sollst? Immerhin wollen wir doch beide noch ein bisschen länger was von deinem hübschen Gesicht haben.“ Sie grinste, und lag den Beutel auf den Tisch.

Ein leicht bitteres Lächeln huschte über Amilas Gesicht. „Danke. Ich werde mich daran halten“, sagte sie nur. Er brauchte nicht zu wissen, dass sie schon den halben Tag spürte, dass es heute Nacht wieder so sein würde. Noch vertraute sie ihm nicht so sehr, dass sie ihm dieses eine Geheimnis verraten wollte, dieses Geheimnis, was sie überhaupt erst zu dieser Reise bewegt hatte. Sie widerstand dem Drang, ihre Seite zu berühren, als sie langsam die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf stieg. Vielleicht hätte sie noch etwas Essen sollen, doch nun wollte sie auch nicht mehr umkehren. Ein paar Reste von ihrem Reiseproviant hatte sie bestimmt noch übrig…
Das Zimmer war relativ klein oder war es eher geräumig? Es fiel ihr schwer das zu beurteilen. Zumindest war es nur halb so groß wie ihr eigenes Zimmer, doch seit sie die zerstörten Dörfer und deren kleine Häuser gesehen hatte, war ihr klar dass es ein wenig überdimensioniert war. Jedenfalls befanden sich neben dem kleinen Bett noch ein Schreibtisch mit Stuhl und Kerzenständer im selben Raum. Das allein reichte Amila schon, wenngleich das kleine, versteckte Badezimmer auch ihr Interesse weckte. Sie würde sich jetzt nicht als jemanden bezeichnen, der besonders stark auf sein Äußeres achtete, aber nach einer Woche reisen verspürte sie doch sehr stark den Drang, sich endlich wieder frisch zu machen.
„Nur weil ich es hasse eine Prinzessin zu sein, heißt es nicht, dass ich mich nicht mehr waschen soll“, sagte sie zu sich selbst ehe sie das kleine Zimmer betrat.
Es war nicht mehr als ein schmaler Gang, in dem sich eine einfache Toilette neben einem kleinen Waschbecken befand. Was würde sie im Moment nicht für ein heißes Bad geben… Sie schüttelte den Kopf. So durfte sie nicht denken! Es war ihr von Anfang an klar gewesen, was die Abstriche dieser Reise würden. Also trat sie ans Waschbecken und wusch sich, nahm dabei auch ein feuchtes Tuch mit sich, das sie auf ihre brennende Seite hielt. Das Wasser gab ihr tatsächlich ein wenig Linderung.
Nachdem sie sich wieder angekleidet hatte, setzte sie sich schließlich an den Schreibtisch, wühlte ihr neues Notizbuch und das andere Buch heraus und begann damit, ihre Notizen zu sammeln. Zwar hatte sie die letzten Tage versucht den Bauplan so gut wie möglich zu entschlüsseln, allerdings hatte sie ganz dringend etwas benötigt, um ihre Gedanken zu sammeln – ihr Wissen aufzuschreiben.
„Ist schon schlimm genug, dass uns die Todesstrafe erwartet, wenn wir auffallen“, murmelte sie, bevor sie wieder damit begann weiter zu entschlüsseln.
Sie würde diesen Code knacken – und wenn sie bis tief in die Nacht daran sitzen würde!

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Arion lachte Trocken. „Ich kann versuchen zu lauschen, aber ich werde keinen Schritt in seine direkte Nähe setzen.“ Er hatte gerade seine Hose angezogen und versuchte seine Haare zumindest etwas zu sortieren. Es musste doch nicht jeder direkt sehen, dass er gerade eine gute Zeit gehabt hatte.
„Aber tu mir den Gefallen und geh nicht zu hart mit der Prinzessin um. Sie ist zwar ein wenig weltfremd und naiv, aber an sich ein nettes Ding.“ Er kratzte sich lachend am Hinterkopf. „Außerdem bezahlt sie auch nicht schlecht für ihren Auftrag.“
Dann hörte er auch schon, wie die Tür sich schloss. Ob sie seine letzten Worte überhaupt gehört hatte? Erst jetzt bemerkte er den Beutel, dessen Inhalt er ebenso gleich checkte.
„Na ja, ich muss zugeben… Für die Kleine wird es schwer, diese Bezahlung zu toppen“, sagte er noch und ließ dann den Beutel ebenfalls verschwinden, ehe er sich fertig ankleidete, nur um dann noch ein wenig im Schankraum zu versinken – während sich draußen der Himmel zunehmend rötlicher färbte.

Emir musste sich bemühen, nicht laut loszulachen, als er merkte, wie langsam seine Kräfte zurückkehrten und er wie durch Zauberhand, mitsamt seiner Kleidung, wieder zu seiner alten Größe heran wuchs.
Das war das Gefühl, was er vermisst hatte…! Es war, als würde Unmengen an Energie wieder zurückkommen, der Wahnsinn, der Hunger, all das war für diesen Moment komplett gleichgültig geworden. Er war wieder er selbst.
Der Dämon suchte den Spiegel in seinem Zimmer und betrachtete sich, lange und ausgiebig. Seine roten Augen leuchteten – ein vergnügtes Funkeln lag in ihnen. Er fasste sich ans Gesicht. Er konnte nicht anders und ein Kichern kroch aus seiner Kehle – leise, und doch konnte er den Wahnsinn darin nicht unterdrücken.
Er würde diese Nacht nutzen müssen – er musste wissen, wie es sich anfühlte, wieder er selbst zu sein, seine komplette Macht zu haben, nicht mehr in diesem lästig kindischen Körper zu stecken – musste wissen, ob seine Magie noch funktionierte, musste wissen, wie viele arme Wesen er in den Abgrund reißen konnte.
Emir musste nach draußen. Er musste die schönste aller Nächte nutzen; es war ihm egal an wen oder wie. Aber es wäre ein Jammer hier drin zu verkommen.
Er schlich aus seinem Zimmer. Es musste spät genug sein, dass die meisten Menschen in der Taverne bereits schliefen, oder sich in ihren Zimmern verkrochen hatten. Immerhin wussten sie, dass es Selbstmord wäre, sich zu einer solchen Nacht nach draußen zu trauen. Wenngleich Emir immer noch hoffte, jemand solch törichten heute begegnen zu können.
Der Dämon blieb kurz vor dem Zimmer der Prinzessin stehen, horchte – er vernahm ein leises Schnarchen, und er grinste selbstgefällig. Er würde ihr Vertrauen brauchen; sie durfte nicht wissen, was für ein Monster er wirklich war. Der Söldner war ihm egal gewesen. Sollte er auf dumme Gedanken kommen wäre es ein einfaches für Emir, sich ihm zu entledigen.
Leise bemühte er sich, seine Euphorie im Zaun zu halten, während er die Treppen der Taverne herunter schlich. Selbst der Hauptraum war menschenleer gewesen. Noch besser. So war er niemanden irgendeine Erklärung schuldig.
Emir schlich sich auf die Straßen der Stadt, welche wie ausgestorben wirkte. Dort, wo sich noch Massen an Menschen befanden, war nur noch gähnende, langweilige Leere. Dann würde er sich eben mit seinesgleichen zufrieden geben müssen, und ging in Richtung Stadttor.

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Es musste kurz nach Mitternacht gewesen sein, als Nox sich wieder ihrer gewohnten Kluft annahm und einige Fläschen mit Giften und Dämpfen einpackte.
Wahrscheinlich schlief Amila bereits, doch sie musste dafür sorgen, dass sie noch tiefer schlief. Immerhin musste sie ungestört nach diesem Buch suchen, und das am Besten, ohne auch nur eine Spur zu hinterlassen – nicht das es eine Schwierigkeit für Nox darstellte, trotzdem hatte sie sich für ein besonders starkes Schlafmittel entschieden – eine Mischung aus Baldrian und einigen nicht ganz so legalen Substanzen, bei dem auch nur Atemzug davon reichte um in einen so tiefen Schlaf zu fallen, das es schon fast dem Tod ähnelte.
Nox zog ihre Maske über, welche die untere Hälfte ihres Gesichts verdeckte und vor allem als Selbstschutz diente, warf sich ihre Kapuze über und hüllte sich in Schatten, ehe sie schließlich ihr Zimmer verließ, lautlos, und zu dem Zimmer schlich, in dem Amila schlafen sollte.
Sie zückte den Schlüssel, welchen sie sich von Greg hatte geben lassen, und die Assasine trat ein, nur um die Prinzessin auf dem Schreibtisch schlafend vorzufinden.
Das Bett wäre zwar einfacher gewesen, aber das war egal – vorsichtig ging sie zu Amila hin, holte das kleine Fläschen hervor und hielt es ihr direkt unter die Nase, während Nox selbst den Atem anhielt.
Als sie sich sicher war, das Amila genug von dem Mittel eingeatmet hatte, verschloss sie das Gefäß wieder und begann sich umzusehen, wobei ihr Blick sofort auf dem Notizbuch landete, auf das Amila anscheinend eingeschlafen war.
Vorsichtig zog Nox es unter ihr hervor – das Mittel sollte stark genug sein, so dass die Prinzessin davon nichts mitbekommen sollte, und blätterte darin um.
Was zum Teufel war das für eine Sauklaue? Sollten Prinzessinnen nicht eigentlich schön und ordentlich schreiben, und nicht als wären sie irgendein Bauersjunge der gerade mal das schreiben gelernt hatte?
Am liebsten würde sie es mitnehmen, in Ruhe entziffern – doch das war zu auffällig gewesen. Nox hielt es es unter dem schwachen Licht der Laterne, welche noch immer brannte, und blätterte weiter – es waren Zeichnungen, irgendwelche Notizen und … warte, wollte sie etwa einen Magiesammler bauen?
Ein schwaches Lächeln fuhr über Nox Lippen und für einen Moment spürte sie so etwas wie Mitleid mit dem Mädchen. Amila war mit einem geringen Manapool ausgestattet – das ganze magische Talent war bei ihrem Zwillingsbruder gelandet, welcher als eines der potentiell mächtigsten Magier der aktuellen Zeit galt. Wahrscheinlich hatte sie diesbezüglich irgendwelche Komplexe entwickelt und suchte nun deshalb nach einem Weg, diese auszugleichen … doch wieso hatte sie sich dann mit diesem Dämon zusammengeschlossen?
Vorsichtig hob Nox Amilas Kopf und bemühte sich, das Buch genauso zurückzulegen, wie sie es vor gefunden hatte.
Sie würde das Ares melden, sicherheitshalber – wer weiß ob das nicht gegen Ende noch ein wichtiges Detail war. Vielleicht hatte der Dämon ihr irgendetwas versprochen, und war mit ihr einen Pakt eingegangen? Doch wenn ja, was erwartete er als Gegenleistung? Ihre politische Macht? Rasch verließ Nox das Zimmer und schloss es wieder zu, ehe sie selbst wieder in ihr eigenes zurückkehrte. Amila würde niemals merken das jemand da gewesen war – dem war sie sich sicher.

Arion war noch ein wenig im Schankraum versackt und hatte sich noch den ein oder anderen Drink gegönnt, um seinen Kopf wieder etwas klarer zu bekommen. Dabei jedoch darauf geachtet, es nicht allzu sehr zu übertreiben. Sein Kopf war zwar leicht benebelt, aber er konnte sich noch weitestgehend konzentrieren. Es war ihm klar, dass es eigentlich ein Fehler gewesen war, gerade jetzt nachdem Nox ihm noch einen weiteren Auftrag gegeben hatte. Gleichzeitig hätte er aber sonst auch wirklich Probleme sich lange genug zu konzentrieren, um Emir beschatten zu können.
Als sich der Raum langsam leerte, kehrte auch er in sein Zimmer zurück, gönnte sich ein kurzes Nickerchen und legte sich dann regelrecht auf die Lauer. Zumindest versuchte er herauszuhören, was der Dämon im Nebenzimmer so tat. Er war erstaunlich leise, nur kurz glaubte er ein leises Kichern zu hören. Dann das leise Zuschlagen einer Tür. War er nach draußen gegangen? Vorsichtig trat Arion an sein Fenster, das glücklicherweise in Richtung Straße ausgerichtet war. An die Wand gepresst, damit er von unten nicht gesehen werden konnte, starrte er nach draußen und hoffte einen Blick auf Emir zu erhaschen.
Nur um wenige Augenblicke später einen schlanken, hochgewachsenen Mann mit weißen Haaren zu sehen. Seine Kleidung erinnerte Arion sehr an Emir, ebenso der Haarschnitt. Im Grunde wirkte er generell so wie Emir nur… erwachsen? Arion drückte sich hinter dem Fenster weg. Sein Herzschlag hatte sich beschleunigt. War das Emir gewesen? Seine Ausstrahlung war anders, düsterer, mächtiger. Es war definitiv eine Person, der er nicht bei Nacht über den Weg laufen wollte.
Vorsichtig wagte er noch einen Blick aus dem Fenster, doch der Mann war bereits verschwunden. Er musste Nox warnen. Was auch immer sie mit ihm vorhatte, das war eine Information, die er ihr möglichst schnell geben musste – er konnte nicht warten, bis sie ihn das nächste Mal kontaktieren würde.
Und so entschied er, die Nacht über zu warten und bei den ersten Anzeichen des Morgens, sobald der Blutmond beendet war, im Schankraum auf die Assassine zu warten. Er konnte nicht riskieren, dass einer seiner Begleiter sie zusammen sah, konnte nicht riskieren, dass sie Verdacht schöpften.
Nicht jetzt, nachdem er Emirs wahre Form gesehen hatte.
Er suchte sich extra einen Tisch in einer Senke, von dem aus er trotzdem einen guten Blick auf die Tür hatte, damit er Nox möglichst schnell abfangen konnte, sobald er sie sah. Gleichzeitig saß er jedoch auch nicht so versteckt, dass sie ihn nicht bemerken würde.

Die Sonne war noch nicht vollständig aufgegangen, als Nox bereits ihre Sachen zusammen gesucht hatte und ihr Zimmer verließ.
Sie rechnete damit, dass Amila und der Dämon die Stadt ziemlich bald verlassen würden – sie musste ihnen einen Schritt voraus sein, allein weil sie auch nicht entdeckt werden wollte. Also hatte sie wieder ihre Assasinenkluft angezogen, und würde in der Nähe der Stadttore auf sie warten, um die Verfolgung weiter unbemerkt fortzusetzen.
Das sie Arion angeheuert hatte, hatte die Sache für Nox um einiges vereinfacht – so musste sie nicht ständig in ihrer Nähe bleiben und nicht mehr Ressourcen als nötig verschwenden. Obwohl sie selbst eine gute Magierin war, war die Art der Magie, die sie nutzte, ziemlich kräftezehrend gewesen. Ihr Körper brauchte eigentlich viel mehr Ruhe als was sie ihm zugestanden hatte. Das sie nicht die ganze Zeit in der Stadt rumschleichen musste, nur um die Gruppe nicht aus den Augen zu verlieren, hatte die ganze Sache viel angenehmer gemacht. Er war wirklich ein Glücksgriff gewesen – in sämtlichen Aspekten.
Sie ging die Treppe hinunter und ließ ihren Blick über den Raum schweifen – sie war zwar maskiert, so dass man ihr Gesicht nicht gänzlich sehen konnte, und doch wollte sie nicht riskieren gesehen zu werden. Jeder, der nicht mit der Gilde zusammenarbeitete und ihre wahre Identität kannte, war ein potentielles Risiko gewesen – sollte Arion ein Risiko für sie werden würde sie ihn töten müssen, aber sie schätzte diesen Mann als intelligent genug ein das er das genau wusste und nichts dummes tun würde.
Ein amüsiertes Lächeln fuhr über ihre Lippen als sie genau ihn an einem Tisch sitzen sah, in einem ansonsten menschenleeren Raum. Wenn man vom Teufel spricht oder so.
„Hast es wohl kaum erwarten können mich wieder zu sehen, was?“ fragte sie neckisch, als sie sich zu ihm gesellte. Er sah genauso müde und erschöpft aus wie sie sich fühlte, wenn nicht sogar ein gutes Stück schlimmer. Ob er wohl was rausgefunden hatte?

Er zuckte leicht zusammen, als Nox ihn ansprach. Die Nacht durchzumachen war doch keine gute Idee gewesen, dennoch sah er sie ernst an, ignorierte dabei ihre neckische Art, die er eigentlich so anziehend fand.
„Gut, dass du noch nicht weg bist“, meinte er müde und sah er tief in die Augen, beugte sich dabei leicht zu ihr vor. „Aber ich habe eine Information für dich, die nicht warten kann.“
Nach diesen Worten zogen sie sich direkt wieder ins Hinterzimmer zurück, was Arion nicht ungelegen kam. Auf die Art musste er weniger befürchten, dass seine Begleiter etwas von ihrem Gespräch erfuhren – auch wenn er bezweifelte, dass einer von ihnen so früh schon auf den Beinen war.
Nachdem die Tür geschlossen war und sie beide Platz genommen hatten, begann er von seinen Erkenntnissen der letzten Nacht zu erzählen, berichtete ihr von Emirs erwachsener Form und der Ausstrahlung, die er abgegeben hatte. Die Tatsache, dass er den Dämon danach nicht noch einmal gesehen hatte, beunruhigte ihn zusätzlich.
„Ich weiß nicht, was er die Nacht über getan hat“, endete er schließlich seinen Bericht, „aber ich wollte dass du von seiner anderen Gestalt erfährst.“

Kaum waren die beiden im Hinterzimmer, hatte Nox die Kapuze, sowohl als auch die Maskierung abgenommen und lauschte gespannt Arions Erzählung, ließ ihn dabei aber nicht aus den Augen – sie beobachtete jede Mimik, jede Gefühlsregung. Obwohl er für sie arbeitete und sie sich mit ihm vergnügt hatte, vertraute sie ihm nicht. Zumindest nicht ganz. War wohl eine Berufskrankheit gewesen.
Während er erzählte, überkam sie ein kalter Schauer, wenngleich sie absolut nicht überrascht gewesen war. Ares hätte sie garantiert nicht für diesen Job angeheuert wenn dieser Dämon wirklich nur ein harmloser, kleiner Junge war.
Sie antwortete eine Zeit lang nicht, sondern überlegte. Sie musste definitiv Damon kontaktieren, oder eine Zweigstelle – Ares musste davon irgendwie erfahren, und er musste ihr sagen, wie sie mit ihm verfahren sollte. Wenn sie doch nur wüssten was er vorhatte…
„Danke.“ antwortete sie schließlich. „Das sind in der Tat äußerst wichtige Informationen, und es ehrt mich das du extra deswegen auf mich gewartet hast.“ Sie zögerte kurz, lächelte aber. Sollte sie Arion davon erzählen was sie über Amila herausgefunden hatte? Er würde vielleicht diesbezüglich genauer nachforschen können...
„Unser Prinzesschen arbeitet anscheinend an einer Art Magiesammler. Meinst du, es könnte was damit zutun haben?“

„Ein Magiesammler?“, fragte er ungläubig. „Sind diese Dinger seit dem großen Krieg nicht unter Todesstrafe verboten?“
Er lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und überlegte. Dass Amila es nicht ganz mit den Regeln hatte überraschte ihn nicht weniger, ebenso war ihm aufgefallen, dass sie für eine Prinzessin eines der großen Magievölker sehr wenig Magie einsetzten… Um nicht zu sagen gar nicht. Aber würde sie so weit gehen? Dann erinnerte er sich an ihre Worte, diese „Geheimmission“ die sie erwähnt hatte und sie deswegen nur Asteria als passenden Ort für diese Mission ansah. Und dann diese Besorgungen…
Er massierte sich die Schläfe. Müdigkeit und Alkohol machten sich bemerkbar. „Also besteht diese Geheimmission die sie erwähnte, möglicherweise darin Magie zu sammeln… Das erklärt auch, warum sie ausgerechnet nach Asteria möchte.“
Und dennoch erschloss sich ihm der Sinn nicht. Was hatte sie davon, Magie zu sammeln?

"Wir sollten das auf jeden Fall weiter beobachten." antwortete sie ernst und verschränkte die Arme ineinander. "Ich werde meinen Auftraggeber davon berichten, vielleicht hat er ja eine Idee. Und solange verhälst du dich einfach weiterhin unauffällig."
Nox stand schließlich auf, zog sich ihr schwarzes Tuch ins Gesicht und die Kapuze über. "Und jetzt versuch dass du noch ein bisschen Schlaf bekommst. Sonst habe ich ja noch ein schlechtes Gewissen." Sie grinste, fast schon mitleidig.
"Ich werde dich auf jeden Fall aufsuchen, vielleicht auch schon vor Asteria. Wenn sich die Gelegenheit bietet."

Er nickte zustimmend und erhob sich auch. „Ich versuche bis dahin noch ein paar Dinge herauszufinden“, sagte er zum Abschied, ehe er den Raum verließ und sich in Richtung seines Zimmers begab. Er bezweifelte, dass er noch sonderlich viel Schlaf bekommen würde, würde sich aber bemühen zumindest etwas auszuruhen.
Und er würde mit Sicherheit bei Gelegenheit das Gespräch mit der Prinzessin suchen, selbst wenn er nur versuchte sie vor Emir zu warnen. Denn wenn sie nichts von seiner wahren Gestalt wusste, würde sie vielleicht vernünftig werden und sich von ihm trennen.
Auch wenn er das dumpfe Gefühl hatte, dass die Prinzessin viel zu stur dazu war.

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Es war erst Mittag, als sich die Gruppe wieder in Bewegung setzte und die Stadtmauern Karnes hinter sich ließen. Arion hatte zunächst den Vorschlag erbracht, dass sie vielleicht noch eine Nacht länger in der Taverne bleiben sollten, da durch den Blutmond möglicherweise besonders viele Dämonen unterwegs waren. Amila hatte jedoch darauf gedrängt, weiter nach Asteria zu reisen und Emir ihren Worten zugestimmt, sodass sie schon bald wieder auf der Straße waren. Sein Kopf schmerzte höllisch und so war er nicht unglücklich, dass der Tag zumindest weitestgehend ereignislos verlief.
Sie fanden schließlich Zuflucht in einer Höhle, die sich im Zweifelsfall gut gegen einzelne Gegner verteidigen ließ und von der aus sie einen guten Blick auf die Straße hatten, sollten irgendwelche Soldaten oder irgendwelche Reisenden in der Nähe sein.
Wie auch die letzten Tage hatte Amila wieder dieses seltsame Buch herausgewühlt, kritzelte nun aber ihre Dinge in ein separates Notizbuch, vermutlich die Besorgung, die sie in Karne machen wollte. Emir wiederum war wieder in seine Rolle als kleiner Junge geschlüpft und zeigte sich mehr gelangweilt. Es fiel Arion schwer, ihn nicht ständig anzustarren. Der Gedanke, dass in diesem kleinen Körper eigentlich ein mächtiger Erwachsener Dämon hauste, beunruhigte ihn.
Schließlich erhob er sich und trat zu Amila. „Können wir kurz reden?“, fragte er sie.
Sie beendete ihren Satz und sah ihn dann gleichermaßen genervt wie überrascht an, dann legte sie beide Bücher zur Seite und folgte ihm nach draußen. Arion entging dabei nicht, dass sie nach ihrem Schwert gegriffen hatte. Wahrscheinlich glaubte sie, dass er mit ihr trainieren wollte… Zumindest hoffte er das.
Nachdem sie sich ein paar Schritte von der Höhle entfernt hatten, blieb er stehen. Sie sah ihn verwirrt an. „Ist es so wichtig, dass Emir es nicht hört?“, fragte sie ernst.
Er stand mit dem Rücken zu ihr. Noch spürte er keine Kampfeslust. Stattdessen kratzte er sich am Hinterkopf und überlegte einen Augenblick, wie er es ausdrücken sollte. „Ich hielt es für besser, wenn er nicht dabei ist.“ Nun drehte er sich doch um, wollte ihr in die Augen sehen – ihre Reaktion auf die Worte, die er gleich sagen würde.
Amila hatte die Arme vor der Brust verschränkt und erwiderte seinen Blick standhaft, sagte jedoch nichts. Es dauerte noch eine Weile, bis er die passenden Worte fand. „Ich habe letzte Nacht einen Mann gesehen, der Emir erstaunlich ähnlich sah“, erklärte er ruhig, sachlich. In ihrem Gesicht zeigte sich keine Regung. Wusste sie davon also? „Seine Aura war verdammt stark und unheilvoll“, fuhr er also fort, „ich halte es für keine gute Idee, in der Nähe dieses Dämons zu bleiben. Auch wenn er wie ein Kind aussieht, beim nächsten Blutmond wird er wieder…“
„Ich weiß“, unterbrach Amila ihn. Ein schwaches Lächeln auf den Lippen. „Ich kenne seine wahre Form. Keine Sorge Arion, er wird uns nichts tun. Sonst hätte er mich schon längst umgebracht.“
Arion sah ihr eine Weile in die Augen. „Was genau ist diese Mission, auf der ihr euch befindet? Ist es wirklich wichtig, dass du diesen Dämon dabei hast?“
Jetzt wandte sie den Blick ab, zögerte. Er bemerkte, dass ihre Finger unruhig auf ihrem Oberarm trommelten. „Das kann ich dir nicht sagen“, antwortete sie schließlich. „Es ist besser, wenn du möglichst wenig von unserer Mission weißt. Das was ich tun möchte… ist hochgradig illegal. Es reicht, wenn im schlimmsten Fall nur mein Kopf rollt.“
Für einen kurzen Augenblick starrte er sie ungläubig an. War das ihr verdammter Ernst? Sie baute also tatsächlich an diesem verfluchten Magiesammler und wollte alleine dafür gerade stehen? Verdammt, warum hatte Nox ihm davon überhaupt berichtet? Seine Kopfschmerzen hinderten ihn daran, einen klaren Gedanken zu fassen.
Amila wiederum lockerte sich wieder ein wenig. „War das alles?“, fragte sie. Als sie wieder zur Höhle zurückgehen wollte, griff Arion jedoch unvermittelt nach ihrem Arm.
„Amila“, sagte er und festigte seinen Griff. Es war ein spontaner Reflex gewesen, eigentlich waren ihm seine Auftraggeber egal. Doch ihre Reaktion hatte eine tief verborgene, vergessene Erinnerung ausgelöst. Auch wenn die Frau im Schatten seiner Erinnerungen wesentlich älter gewesen war.
„Was auch immer diese Mission ist, sie ist es nicht Wert, wenn irgendjemand sein Leben lässt. Wenn sie darin besteht, dass du dein Leben für einen Dämon opfern musst, dann lass es.“ Er hielt kurz inne, während sie versuchte sich loszureißen. Ganz deutlich war ihre Wut zu spüren, gleichzeitig vermied sie Blickkontakt zu ihm.
„Das ist immer noch meine Sache“, antwortete sie erstaunlich ruhig. „Du bist nur mein Leibwächter und Trainer, also sollte es dir…“
„Gerade weil ich dein Leibwächter bin“, unterbrach er sie nun immernoch möglichst sachlich klingend, „möchte ich nicht dass du dein Leben unnötig opferst. Und das sollte auch nicht in deinem Sinn sein.“
Jetzt schaffte sie es doch, sich von ihm loszureißen. Kurz trafen sich ihre Blicke und er erkannte ein schwaches Schimmern in ihren Augen. Tränen?
„Du bist ein Söldner und sollst nur deine Arbeit tun“, meinte sie und wandte sich wieder ab. „So wie ich meine Erledigen möchte.“ Sie ging ein paar Schritte in Richtung Höhle, ehe sie noch einmal stehen blieb. „Wenn du gehen möchtest, werde ich dich nicht zwingen. Aber bitte misch dich nicht mehr in meine Angelegenheiten.“
„Weißt du auch, dass er sehr wahrscheinlich Menschen töten und fressen wird?“, sagte Arion noch, doch Amila reagierte nicht mehr. Ohne ein weiteres Wort ging sie schweigend Richtung Höhle.
Der Söldner hieb mit einer Faust wütend gegen einen Baum und fluchte dabei leise. Er hatte gehofft, sie überzeugen zu können. Diese verdammte Reise beenden zu können, bevor sie wirklich gestartet hatte.
Und das Ergebnis davon war, dass er im schlimmsten Fall nun beide Aufträge verloren hatte.

Emir war in der Höhle geblieben, wenngleich er selbst neugierig darüber war, was der Söldner mit der Prinzessin zu bereden hatte. Dennoch, er wollte Vertrauen aufbauen – deswegen blieb er brav und wartete, wie man es von ihn erwartet hatte.
Als Amila wieder kam, wirkte sie aufgebracht. Was auch immer der Söldner mit ihr beredet hatte schien ihr nicht gefallen zu haben.
„Alles in Ordnung?“ fragte er mit einer falschen Sorge in der Stimme und sah sie an.

Einerseits beeilte sich Amila schnell von Arion weg zu kommen, andererseits wünschte sie sich auch, etwas Zeit für sich zu haben. Wut und Zweifel hielten sich in ihr die Hände. Auf der einen Seite Wut auf Arion, der sich in ihre Angelegenheiten einmischen und sie von ihrem selbst gewählten Weg abhalten wollte. Gleichzeitig hatte er aber auch eine Saat des Zweifels in ihr gesät. Natürlich, der Bau eines Magiesammlers würde möglicherweise ihr Leben kosten… Aber nichts zu tun würde das ganz bestimmt tun. Sie hatte lange, sehr lange darüber nachgedacht – über ihre Narbe, ihre Schmerzen. Was, wenn diese alte Wunde sie nach und nach in den Tot reißen würde? Dann würde sie einfach aus dieser Welt verschwinden, ohne etwas erreicht zu haben. Ohne sich einen Namen gemacht zu haben. Einfach nur ein Name, in einem Stammbaum, den man ignorieren würde. Gut, genau betrachtet hätte sie eigentlich an dem Tag damals schon sterben sollen.
Außerdem war er nur ein Söldner, er sollte sich eigentlich nur um seine Arbeit kümmern. Oder hatte er etwa Angst, seinen Sold nicht zu bekommen wenn sie scheiterten? Ja, wahrscheinlich war es nur das. Zumindest redete sie sich das ein. Warum sonst sollte er ihr sonst diese Zweifel einreden?
Emirs Worte rissen sie schließlich aus ihren Gedanken. Sie schwieg einen Augenblick, blickte in seine glanzlosen Augen. Waren das die Augen, eines Dämons der Menschen fraß oder waren das die Augen eines Dämons, der ihr dabei helfen wollte, die Welt zu retten? Sie verfluchte sich über diese Sorge und ließ sich wieder neben ihren Büchern sitzen.
„Ja“, log sie. „Er wollte mir nur ein paar Tipps zum Kampf gegen Dämonen geben, das ist alles.“

Der Dämon hob zweifelnd eine Augenbraue.
"Danach siehst du aber nicht aus." erwiderte er, und ein Seufzen entfuhr seine Kehle. "Er hat mich gestern Abend gesehen, stimmt's?"
Er wusste, wie er die Karten zu spielen hatte - die Zweifel, die der Söldner wahrscheinlich in ihr gesäät hatte, mussten im direkten Keim erstickt werden. Und er wusste, wenn er ihr Vertrauen wollte, durfte er nicht lügen - er musste in einigen Sachen nur nicht die gesamte Wahrheit erzählen, das war alles.

Für einen kurzen Moment sah sie ihn überrascht an. Dann seufzte sie schwer und nickte.
„Wenn du gestern wieder als erwachsener Mann unterwegs warst dann… ja. Er hat dich gesehen. Und deine Aura gespürt.“
In der Hinsicht wollte sie Emir nicht belügen, konnte ihn nicht belügen. Doch wie viel wollte sie ihm von dem Gespräch erzählen? Andererseits musste sie wissen ob er Recht hatte. Doch konnte sie Emir das fragen?

Emir wich ihren Blick aus, versuchte, beschämt zu wirken.
"Ich bin ehrlich, ich habe mich nicht in der Lage gesehen mich selbst einzuschätzen." log er schließlich. "Das ist immerhin die erste Blutmondnacht gewesen seitdem ich frei bin, und ich hatte befürchtet, mich eventuell nicht unter Kontrolle zu haben... Erst wollte ich abwarten, aber der Hunger war so unerträglich geworden so das ich lieber die Taverne verlassen habe, bevor ich noch irgendetwas unüberlegtes tue."
Er lachte leise. "Anscheinend war ich dabei nicht vorsichtig genug gewesen, eigentlich sollte der Söldner mich nicht zu Gesicht bekommen."
Das er in Wirklichkeit ein regelrechtes Gemetzel angerichtet hatte und massen an Dämonen abgeschlachtet hatte verschwieg er lieber, wenngleich er der Menschheit damit wahrscheinlich einen Gefallen getan hatte. Aber das war das tückische an Dämonen - sie starben nicht so leicht, und er wusste, er hatte sie für den Abend nur zurück in die Hölle geschickt aus der sie gekrochen kamen.