DnD-Style RPG

Die Dämmerung hatte eingesetzt, als die junge Frau endlich das Hauptgebäude der Abenteurer-Gilde verlassen hatte. Ihre rosafarbenen Haare mit den blauen Spitzen und vor allem die mit schuppen besetzte Maske die sie trug, hatten die Mitarbeiter zunächst verunsichert - wie es jeden verunsicherte, dem Marina - so ihr Name - in ihrem Leben begegnet ware. Nicht dass es sie störte. Im Grunde war es ihr egal. Sie war ohnehin nur zum observieren hier, zum beobachten. Und auf der Suche nach Informationen, die sie in ihrem Ziel weiterführen würden. Ihr den Sinn ihres Lebens erklären sollte. Nur dafür hatte sie sich der Gilde angeschlossen. Dass sie dabei anderen Helfen würde war ihr dabei einerlei.
Schweigend betrachtete sie das Amulett, das man ihr als Zeichen ihrer Mitgliedschaft überreicht hatte. Seltsame Muster waren eingezeichnet worden und der Mitarbeiter hatte ihr erklärt, dass diese ihren Rang zeigten und sie mit erfolgreich abgeschlossenen Missionen im Rang aufsteigen könnte. Warum musste hier alles so unendlich kompliziert sein? Sei es nun das Thema Politik, zwischenmenschliche Beziehungen oder dergleichen. Mittlerweile hatte sie verstanden, dass sich gerade bei den kurzlebigen Wesen alles um Fortpflanzung und Nachfolge drehte. Aber das alles andere ebenfalls so kompliziert sein musste...
So ging sie eine Weile durch die Straßen, in denen nach und nach die Laternen zu leuchten begannen. Vorbei an Wesen unterschiedlicher Herkunft und Größe. Bis sie schließlich an einer Gabelung stehen blieb. Was hatte man ihr noch einmal gesagt, wo sie einen Unterschlupf für die Nacht finden konnte? Verwirrt blieb sie stehen und sah sich um, suchte in ihren Gedanken und Erinnerungen nach den Worten des Angestellten - jedoch ohne erkennbaren Erfolg.

Es war eine ungeheure Summe die der örtliche Schmied für die Reparatur ihrer Rüstung verlangt hatte - klar, sie war alt, für Menschen fast schon antik, und das Myrin sie das letzte Jahrzehnt kaum gepflegt hatte machte die Reparaturen auch nicht einfacher - aber dennoch, hätte diese Rüstung nicht einen persönlichen Wert und eine einzigartige Schönheit an sich, wäre es wohl weitaus günstiger gewesen sich eine neue zu besorgen.
Sie seufzte innerlich. Wahrscheinlich hatte sie selbst Schuld an der Misere; außerdem war sie doch jetzt offiziell eine Abenteurerin, sie wollte sich zumindest einreden das sie damit vielleicht etwas Geld verdienen könnte. Wobei es ihr nicht einmal ums Gold ging; es war einfach ein weiterer Abschnitt ihres Lebens, ein Zeitvertreib. Und natürlich eine Möglichkeit all die zu beschützen die sich selbst nicht beschützen können.
Als die großgewachsene Elfe die Schmiede schließlich verlassen hatte bemerkte sie eine Person im Augenwinkel - eine Frau mit Rosa-Türkisen Haaren und einer Maske, welche ihre Augen verdeckte, stand ratlos in der Gegend herum. Sofort war Myrins Interesse geweckt; das, was sie von dem Gesicht der Dame erkennen konnte war durchaus ansehnlich gewesen, und das sie ihre Augen durch diese skurrile Maske bedeckte ließ die Neugier nur größer werden.
Außerdem, wer war sie wenn sie nicht einer Frau in Nöten zur Hilfe eilen würde? Also setzte sie ihr charmantestes Lächeln auf und ging mit selbstbewussten, eleganten Schritten auf die Maiden zu.
"Ihr seht aus als könntet ihr Hilfe gebrauchen." Sagte sie schließlich als sie sich ihr näherte. "Verzeiht mir falls ich falsch liege - es ist wohlmöglich nur ein frevelhafter Versuch meinerseits, eine Begründung die ich suchte um eine solch mysteriösen Schönheit wie euch anzusprechen."
Sie machte einen kurzen, fast schon ehrfürchtigen Knicks, und sah die Frau vor sich an.

Marina reagierte nicht sofort, benötigte einen Herzschlag bis sie registriert hatte, dass diese Frau sie soeben angesprochen hatte. Auch wenn ihr Gesicht keine Regung zeigte, so war sie zunächst ein wenig... verwirrt über die Rekation. War es das richtige Wort? Was war das eigentlich für eine Art jemanden anzusprechen? Manche Leute waren wirklich komisch. Und die einzelnen Gefühlsregungen für Marina noch immer hoch komplex und verwirrend.
Nachdem doch etwas zu viel Zeit vergangen war, bemerkte sie, dass es vielleicht Zeit war zu antworten. Ob diese großgewachsene Elfe mit blauer Haut und ihren silbernen Haaren sie nun aus guter Absicht angesprochen hatte oder nicht würde sich zeigen. Im Notfall hatte Marina noch immer ihren Dreizack, den sie auf ihren Rücken geschnallt trug, sowie ihre Freunde und ihre eigene Magie, mit denen sie sich wehren konnte. Und es wäre nicht zielführend, eine so... freundliche Hilfestellung abzulehnen.
"Ich könnte tatsächlich Hilfe gebrauchen", sagte sie schließlich, die Stimme ohne jegliches Gefühl. "Ich bin auf der Suche nach einem Gasthaus. Anscheinend ist mir die Wegbeschreibung wohl entfallen."

Diese Kälte in der Stimme der fremden Schönheit ließ Myrin noch neugieriger werden - genauso wie diese seltsame, magische Aura die diese Frau umgab. Und trotz der Waffe, die sie sich auf den Rücken geschnallt hatte, zusammen mit der Maske und der fremden Magie - obwohl all das eher nach Vorsicht schreien sollte so hatte die Elfe doch nicht das Gefühl das ernsthafte Gefahr von ihr ausging.
Sie lächelte charmant.
"Es gibt mehrere Gasthäuser in dieser Stadt." Erklärte sie. "Aber wenn ihr gestattet würde ich euch gerne eine Empfehlung aussprechen, sofern ihr euch noch nicht in einem eingefunden habt. Das Gasthaus 'Zum letzten Tropfen'." Sie zwinkerte. "Es wäre mir natürlich eine Ehre euch zu dorthin zu geleiten."

"Welches Gasthaus ist mir einerlei", antwortete sie. "Es wäre mir eine... Ehre wenn ihr mich dorthin führen könntet." Bei letzterem zögerte sie ein wenig, als würde sie das passende Wort dafür finden. Sie war sich nicht sicher, vom Gebahren der Elfe her hatte sie den Eindruck, dass sie aus gehobeneren Kreisen stammte. Entsprechend sollte sie etwas mehr Respekt zeigen. Oder irrte sie sich und sie brachte ihr zu viel Respekt entgegen?
Wie auch immer, eigentlich war es egal. Sie hatte nicht vor, allzu lange in ihrer Nähe zu bleiben. Allerdings wäre es dumm, die Freundlichkeit dieser Frau nicht anzunehmen. Genauso war es egal ob sie nun im Gasthaus unterkam, das ihr von der Gilde genannt wurde oder nicht. Schließlich benötigte sie nur einen Platz zum schlafen und zur Regeneration, da war ein billiges genauso gut wie ein teures.

Ein zufriedenes Lächeln formte sich auf den Lippen der Elfe.
"Dann folgt mir."
Die Stadt war groß, die Straßen gefüllt mit verschiedenen, bunten Völkern die alle den weiten Weg auf sich gemacht haben, um hier ihre Karriere als Abenteuer zu beginnen.
Einige weil sie selbst Teil der Sagen und Legenden werden wollten, die noch heute die gesamte Welt weiter erzählt werden, andere hingegen weil sie keine andere Hoffnung mehr für sich hatten.
Myrin selbst gehörte zu keinen der beiden Gruppen - war es für sie doch nur ein Zeitvertreib, ein weiterer Dienst ihres Schwurs.
Den Glauben das man eines Tages über sie Lieder singen und Geschichten erzählen würde hatte sie früh abgelegt. Nur die wenigsten Abenteurer waren zum Heldentum gemacht; fehlte es den meisten an Bescheidenheit und an den ernsten, aufrichtigen Wunsch was Gutes zutun.
"Wie ich sehe versucht ihr euch ebenfalls als Abenteuer." Sagte sie schließlich nachdem die beiden schweigend nebeneinander her gelaufen waren.

Erst jetzt bemerkte Marina, dass sie das Gildensiegel noch in der Hand trug. Beiläufig verstaute sie es in ihrer Reisetasche ehe sie antwortete.
"Das ist der effektivste Weg, mein Ziel zu erreichen."
Kaum hatte sie die Worte gesagt, fragte sie ob es nicht vielleicht besser gewesen wäre, sich anders auszudrücken. Würde die Elfe weiter nachfragen? Oder würde sie vermuten, Marina hätte einen ähnlich niederen Grund wie ein Großteil der anderen Abenteurer? Letzteres wäre ihr fast lieber. Es war wichtig, dass sie niemandem von ihrer Mission erzählte. Ganz besonders keiner Elfe, die sie eben erst getroffen hatte. Und wer wusste, was für Ohren ihrem Gespräch noch lauschten. Bei den unterschiedlichen Völkern die hier durch die Straßen wanderten, würde es sie nichts überraschen.
Im Augenwinkel betrachtete sie die Elfe, die nichts weiter als normale, wenn auch elegantere, Reisekleidung trug. Trotz ihres hohen Wuchs hatte sie nicht den Eindruck, dass sie selbst Abenteurerin war. War sie nur eine normale Angestellte in dem Gasthaus, zu dem sie sie hier führte?

"Wenigstens seit ihr ehrlich genug." Erwiderte Myrin lachend, während ihr Blick auf die Gesichter der Leute fiel, die in einem regen Treiben die Straßen der Stadt mit Leben füllten.
Viele von ihnen, vielleicht sogar fast alle, waren aus einem Grund hier - und sie selbst war nicht anders.
"Die meisten reden sich ein sie könnten ernsthaft in die Geschichte eingehen, dabei sind die meisten hier nur auf den Ruhm aus."
Sie ließ ihren Blick wieder auf die maskierte Schönheit fallen, welche nachwievor keine sonderliche Gefühlsregung zeigte.
"Wobei ihr allein durch eurer Äußeres rausstecht, wenn ich ehrlich bin. Ihr seit nicht menschlich, oder?" Sie begutachtete ihre Begleitung, versuchte eine Mimik in ihr zu erkennen, was aber durch ihre Maske nicht sonderlich gelang.
"Ihr müsst mir diese Frage nicht beantworten; es geht mich letzten Endes nichts an. Obwohl ich sehr interessiert an euch bin, wenn ich ehrlich sein darf. Jemand mit eurer Ausstrahlung begegnet man selbst mit einem langen Leben nicht oft."

Marina zögerte mit einer Antwort. Sollte sie überhaupt auf die Frage antworten? Man hatte ihr nahegelegt niemandem zu sagen, wer sie genau war. Es war schon riskant genug, dass sie sich die Hilfe von Geistern zu Nutze machte, was den meisten anderen sterblichen Wesen nicht vergönnt war. Die wenigsten von ihnen waren überhaupt in der Lage, sie überhaupt zu sehen. Sie hatte lediglich gehört, dass manche magischen Völker - wie manche Elfenstämme - möglicherweise in der Lage sein würden. Doch diese hier schien es nicht zu können.
"Kurzweiliger Ruhm ist etwas für Wesen, deren Lebensspanne kurz ist", erwiderte sie stattdessen und blickte ebenfalls kurz über die Leute, die die Straßen füllten. Nicht unglücklich darüber, dass diese hell erleuchtet waren, sodass das Mondlicht nicht von den Mustern auf ihren Armen reflektiert werden konnte. Auf ihrer blassen Haut gingen sie die meiste Zeit unter, lediglich Mondlich konnte die Aufmerksamkeit darauf lenken.
"Ihr seid selbst kein menschliches Wesen in dem Sinne, wenn ich mir Eure Ohren so ansehe. Was führt Euch in die Stadt?", fragte sie schließlich um das Gespräch ein wenig von sich selbst abzulenken. Gleichzeitig war sie neugierig, schließlich hatte sie noch nie wirklich Kontakt zu einer Elfe herstellen können. Zumindest nicht mit einer, die so... redefreudig war wie diese hier.

Myrin überlegte kurz.
Das es ein Versuch war, von sich abzulenken, war ihr bewusst gewesen - doch sie konnte es nicht verübeln, schließlich waren sie Fremde, und würden wahrscheinlich danach nie wieder einander begegnen; wenngleich diese ungewöhnliche, magische Aura noch lange im Gedächtnis der Elfe bleiben würde.
"Das was die meisten Leute hierher treibt: der Sinn nach Abenteuer." Erwiderte sie schließlich ohne das es wirklich gelogen war.
"Wobei es wohl eher eine Art Zeitvertreib ist wenn ich ehrlich gestehen darf."

"Ihr tut das als Zeitvertreib?", gab sie ehrllich überrascht zu.
Der Drang nach Abenteuer kam nicht überraschend, hatte sie bei ihrer Anmeldung genug solcher Personen gesehen, die einen ähnlichen Grund angegeben hatten. Doch Zeitvertreib? Diese Aussage überraschte sie doch ein wenig. Oder kam das daher, dass Elfen eine ebenso lange Lebensspanne hatten, wie man von Marina selbst behauptet hatte?

Ein Lächeln zeichneten die Lippen der Elfe, welches etwas mysteriös, fast schon melancholisches an sich hatte.
"Manche Elfen leben über tausend Jahre." Erklärte sie. "Man lebt nicht nur ein Leben, sondern viele. Und das hier wird mein Leben als Abenteurerin, schätze ich."
Wenngleich ihr Leben eigentlich anders sein, sie woanders sein sollte.
"Außerdem helfe ich gern. Ich denke er lässt sich gut mit dem ganzen verbinden." Fügte sie noch zwinkernd hinzu.

„Das ist sehr… edel von Euch“, antwortete sie nur und versuchte ihre Worte noch einzuschätzen.
Wie lange Elfen leben konnten war ihr bisher nicht bewusst gewesen. Ihr selbst war nicht klar, wie lange sie leben würde – bisher war noch nie eine der Ihren durch Alter gestorben. Die meisten waren im Kampf oder beim Versuch, eine Katastrophe zu verhindern ums Leben gekommen. Sie hatte sich bereits damit abgefunden, dass ihr ein ähnliches Schicksal vergönnt werden würde.
Aber die Tatsache, dass jemand mehrere Leben leben würde hatte sie noch nie so gehört, ja geschweige denn so wahrgenommen. Wieder eine Sache, die sie gelernt hatte.
„Wie viele Leben habt Ihr denn bereits hinter euch?“

"Genug, um den Schmerz und die Schönheit dieser Welt gesehen zu haben und zu wenig um sie wirklich zu verstehen, schätze ich."
Erwiderte sie kryptisch, ohne die Absicht eine genaue Antwort zu liefern.
Allein von den Lebensjahren war sie alt genug für mindestens drei menschliche Leben, wenn nicht gar vier - wenn man das, was sie erlebt und gesehen hatte dazu rechnete, war es definitiv mehr gewesen.

„Verstehe“, antwortete Marina nur.
Wenn sie genauer darüber nachdachte, erinnerte sie sich daran dass ihr gesagt wurde, dass es eigentlich unhöflich war eine Frau nach ihrem Alter zu fragen. Zumindest erinnerte sie sich daran, dass eine gewisse Dame regelrecht entsetzt darauf reagiert hatte. Allerdings hatte es sich bei ihr um einen Menschen gehandelt, einem Wesen das nicht annähernd so lange leben würde wie eine Elfe. Doch vermutlich nahmen sich die Rassen in der Hinsicht nicht viel.
Als sie schließlich um eine Ecke kamen bemerkte sie ein Gebäude mit einem Schild, auf dem „Zum Goldenen Tropfen“ stand. Das war wohl das Gasthaus, das sie zu ihrem Ziel auserkoren hatten.